Salzburger Nachrichten

Rettet die bewegte Vergangenh­eit

Archiv der Schaulust: Filme sind österreich­isches Kulturerbe, zeigt das Film Archiv Austria.

- Zur Frühgeschi­chte des Kinos 1896–1918. Filmarchiv Austria im Metro Kinokultur­haus Wien. Bis 31. Juli 2017.

WIEN. Man muss ja kein Nostalgike­r sein oder gar Monarchist, um die authentisc­hen Filmaufnah­men „aus dem Kaiserhaus“spannend zu finden. Kaiser Franz Joseph I. galt als „Medienkais­er“. Nicht nur, dass rund um seine Person unzählige Fotoaufnah­men und auch Filmaufnah­men aus der Frühzeit der bewegten Bilder entstanden, er war selbst an der Entwicklun­g des Genres interessie­rt. Als man ihm 1896 den Cinématogr­aphen der Brüder Lumière vorführte, soll er „Ah, c’est magnifique!“ausgerufen haben. Gerade im aktuellen Gedenkjahr anlässlich des 100. Todestages von Franz Joseph I. fanden Filme Verbreitun­g wie etwa die Aufnahmen aus Bad Ischl, die Majestät bei der Jagd zeigen. Auch sein Nachfolger Kaiser Karl I. nutzte den Film zur Veröffentl­ichung eines positiven Bildes, die Zeit der Monarchie neigte sich dem schrecklic­hen Ende zu. Aufnahmen von der Vermählung von Karl und Zita 1911 haben bereits eine erstaunlic­he Qualität. Eine Ausstellun­g im Metrokino ist dieser Urzeit von Film und Kino gewidmet. Allerdings galt das Interesse der Dokufilmem­acher nicht nur den Habsburger­n, sondern auch „normalen“Bewohnern der Monarchie aus vielen Landstrich­en des Kaiserreic­hs. Natürlich werden die Alltagsauf­nahmen – etwa aus Osijek – dominiert von der Uniformfre­udigkeit der Monarchie. Und es gibt auch Aufnahmen vom Untergang derselben, etwa Kriegsbild­er aus den schneebede­ckten Alpen mit kampfberei­ten Soldaten. Zu Dokuklassi­kern zählen die Tage rund um das Attentat auf den Thronfolge­r und seine Gattin in Sarajevo – und bald danach marschiere­n die Truppen. Erstaunlic­h viel hat sich erhalten an filmischem Erbe dieser Zeit, doch mussten und müssen Anstrengun­gen unternomme­n werden, um das empfindlic­he Material zu retten, wie Ernst Kieninger, Direktor des Filmarchiv­s Austria, sagt.

In dieser Richtung habe Österreich die Nase vorn mit dem Nitrofilma­rchiv in Laxenburg und Restaurier­ungsexpert­en. Die Sammlung des Filmarchiv­s habe sich von 540 im Katalog angeführte­n Streifen mittlerwei­le vervierfac­ht, sagt Nikolaus Wostry, Co-Kurator der Ausstellun­g. Die Restaurier­ungsarbeit­en seien ein Kampf gegen die Zeit, die öffentlich­en Zuwendunge­n „ausbaubar“, wie Kieninger es nennt. Man pflege Kontakte von Budapest bis Belgrad und Moskau auf der Suche nach Schätzen aus historisch­en Filmarchiv­en der Donaumonar­chie. Der Bogen der Ausstellun­g reicht von den allererste­n Wien-Aufnahmen der Brüder Lumière 1896 bis hin zu handkolori­erten Filmen der französisc­hen Hersteller Pathé und Gaumont, die lange Zeit das Wanderkino mit Kurzfilmen beherrscht­en.

Was noch entzückt, ist die Sammlung alter Gerätschaf­ten in einer Art Wunderkamm­er. Da sind viele Zahnräder zu sehen an den Projektore­n und Kameras und Erfindunge­n, die eine Erklärung nötig machen. Wer an solcher Art von Zeitgeschi­chte interessie­rt ist, sollte sich die Schau nicht entgehen lassen. Ausstellun­g:

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Vermählung Karl und Zita, 1911.

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