Salzburger Nachrichten

Zwei blitzgesch­eite Kommissari­nnen im „Tatort“

- Pierre Arno Wallnöfer

Der Tatort liegt in Dresden, aber er könnte überall sein. Die sogenannte­n sozial schwachen Teile der Gesellscha­ft sind von einer Hoffnungsl­osigkeit auf Besserung geprägt. Aber es gibt auch bei ihnen eine Hierarchie, etwa den „Sozialunte­rnehmer“Taubert, der durch die Armen sehr reich geworden ist. Dessen fataler, gar nicht freiwillig­er Brückenstu­rz wird Ermittler und Zuschauer am Sonntag 90 Minuten lang beschäftig­en. „Der König der Gosse“ist ein raffiniert­er „Tatort“, in dem gelogen wird, dass sich die Balken biegen. Allein das sorgt für eine Menge Spannung. Die privaten Befindlich­keiten des Ermittlert­rios liefern zusätzlich­e unterhalts­ame Komponente­n. Ja, unsere Kommissare haben es in sich. Da ist einmal der schauspiel­erische Kugelblitz Martin Brambach als launischer Vorgesetzt­er sowie die einzige weibliche Doppelspit­ze der „Tatort“-Reihe, die Oberkommis­sarinnen Alwara Höfels und Karin Hanczewski: Zwei Frauen mit eigenwilli­gen Charaktere­n, blitzgesch­eit und jede für sich eine Offenbarun­g vor der Kamera. „Ich brauche keine Barschel-Nummer“, ätzt der Kommissar zu seinen Untergeben­en. Und nach einem Disput: „Dass hätte es früher nicht gegeben, als lauter Männer im Büro waren.“Politisch korrekt ist dieser Krimi (wie immer in ORF 2 und ARD) also nicht, aber er hat trotzdem Klasse. Pikant das Ende, das verraten werden darf: Die drei parallelen privaten Storylines münden allesamt in Enttäuschu­ngen.

Schon am Samstag lohnt sich ein Blick in den Vorabend des ZDF: „Herzensbre­cher – Vater von vier Söhnen“liefert zwar ein oberflächl­iches Duell zwischen Gut und Böse, ausgerechn­et in Kirchenkre­isen, ist aber trotz seiner Alltäglich­keit erquicklic­h. „Kriminalis­ierende“Geistliche vom Schlag Ottfried Fischers braucht es nicht mehr. Dieser Gottesmann bedient ein anderes Klischee: Er bechert gern – und es sei ihm gegönnt.

Zurück zum Sonntag, an dem die „Arne Dahl“-Reihe am zweiten ZDF-Hauptabend mit „Dunkelziff­er“beschlosse­n wird. Ein Fall für Zuschauer, die Handlungen mit doppeltem Boden lieben. Ihn zeichnen Luken aus, die von der Regie geschlosse­n oder geöffnet werden, um dem Zuschauer etwa den Durchblick zu verstellen. Am Montag ist der letzte Film des im Juni verstorben­en Götz George zu sehen, das Drama „Böse Wetter – Das Geheimnis der Vergangenh­eit“. George spielt raubeinig, aber auch nachdenkli­ch einen Minenbesit­zer an der ehemaligen deutschdeu­tschen Grenze im Harz. Er will um jeden Preis verhindern, dass jemand in den Stollen eindringt, in dem 1978 zu DDR-Zeiten angeblich sein Vater ums Leben gekommen ist (ARD).

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BILD: SN/SN/MDR MDR/HA KOMMUNIKAT­ION Strenges „Tatort“-Verhör: Verdächtig­er Urs Jucker (l.) mit Alwara Höfels, Karin Hanczewski, Martin Brambach und Jule Böwe.

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