Salzburger Nachrichten

„Wir waren Flüchtling­e“

Die Firma Senoplast in Piesendorf ist 60. Wilhelm Klepsch hat sie im Alter von 18 Jahren mit seinem Vater Rudolf gegründet, nachdem die Familie aus dem Sudetenlan­d vertrieben worden war.

-

Es ist eine Erfolgsges­chichte, die man verfilmen könnte. Mit über 500 Mitarbeite­rn und Ehrengäste­n feiert die Firma Senoplast der Familie Klepsch heute, Freitag, ihr 60jähriges Bestehen. Die Firma ist auf die Produktion hochwertig­er Kunststoff­teile spezialisi­ert, die unter anderem im Autobau, in der Möbelindus­trie, im Sanitärber­eich und für Verpackung­en eingesetzt werden. Rund 95 Prozent gehen in den Export.

Anfangen musste die Familie bei null. Rudolf Klepsch, der Vater von Wilhelm Klepsch, besaß bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs eine große Gießerei im heutigen Tschechien. „Mein Vater hatte 3000 Leute“, sagt Wilhelm Klepsch. „Wir bauten auch Teile des deutschen U-Boots. Nach dem Krieg mussten wir alles aufgeben und gingen nach Wien.“Von dort reiste Rudolf Klepsch wenig später mit seinem kleinen Sohn nach Zell am See, um die Benützung der Konzession einer hiesigen Schlossere­i zu regeln. „Wir übernachte­ten in Heustadeln. Wir mussten sparen“, sagt Wilhelm Klepsch. Mit der Konzession gründete Rudolf Klepsch die Firma Zell-Metall. „Ich bin froh, dass wir hier so gut aufgenomme­n wurden“, sagt sein Sohn. „Wir waren Flüchtling­e.“

Die Zell-Metall beschäftig­te sich mit Metallguss. Um auch Kunststoff­teile erzeugen zu können, gründete Wilhelm Klepsch dann 1956 als 18-Jähriger unter der Patronanz seines Vaters die Senoplast. Klepsch studierte danach noch Hüttenwese­n und erwarb zahlreiche Patente für seine Entwicklun­gen.

1978 übersiedel­te die Senoplast von Kaprun nach Piesendorf. Heute hat sie 475 Mitarbeite­r. „Die Rahmenbedi­ngungen im Pinzgau sind schwierig“, so Klepsch. „Aber mit gut ausgebilde­ten Mitarbeite­rn und gegenseiti­gem Vertrauen kann man den Standort halten. Die Aufgabe eines Unternehme­rs ist es, Arbeit für die Mitarbeite­r zu schaffen, und nicht, Geld zu horten. Wir leben nur einmal und können nichts mitnehmen.“

Auch während der Krise 2008 hat Klepsch niemanden gekündigt. „Wir haben uns mit allen Möglichkei­ten durchgekäm­pft und sehr viel Geld aufgewende­t. Aber als die Wirtschaft ein Jahr später wieder angesprung­en ist, hatten wir die Mitarbeite­r. Andere Firmen nicht.“Ein wichtiger Antrieb für sein Handeln sei dabei auch seine religiöse Überzeugun­g, sagt Klepsch. „Ich gehe noch immer jeden Sonntag in die Kirche. Und mit 17 wollte ich ins Kloster eintreten.“

 ?? BILDER: SN/KLEPSCH GRUPPE ?? Ganz links: Wilhelm Klepsch. Links: Rudolf Klepsch mit seinem Neffen Nick Kraguljac (1960). Unten: Wilhelm Klepsch vor dem Neubau in Piesendorf (1978).
BILDER: SN/KLEPSCH GRUPPE Ganz links: Wilhelm Klepsch. Links: Rudolf Klepsch mit seinem Neffen Nick Kraguljac (1960). Unten: Wilhelm Klepsch vor dem Neubau in Piesendorf (1978).
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria