Finnland testet Grundeinkommen
Ab Jänner 2017 erhalten 2000 zufällig ausgewählte arbeitslose Finnen zwei Jahre lang ein bedingungsloses Grundeinkommen. Die Regierung will damit das Verhalten der Empfänger untersuchen.
Es könnte den Sozialstaat und gängige Prinzipien vom Fördern und Fordern grundlegend umkrempeln. In der Schweiz ist die Idee vom bedingungslosen Grundeinkommen im Juni bei einem Volksentscheid gescheitert. Unbeirrt davon wollen die Finnen mit ihrer Version im Jänner 2017 ernst machen. Zwar wird es dann keine landesweite Einführung geben. Doch nach langem Hin und Her und vielen durchgespielten Szenarien bei der staatlichen Volksrentenanstalt Kela hat sich die Regierung in Helsinki jetzt dazu entschlossen, 2000 arbeitslosen Bürgern zwei Jahre lang 560 Euro monatlich auszuzahlen. Das Geld ist steuerfrei und an keinerlei Bedingungen geknüpft. Die Bürger werden zufällig ausgesucht. Wer ausgewählt wird, muss mitmachen. Zwischen 25 und 58 Jahre sollen die Probanden sein. Sie müssen bislang Arbeitslosenhilfe erhalten haben. Arbeitssuchende, die bereits höhere Sozialleistungen erhalten, sind von dem Auswahlverfahren ausgeschlossen. Das Grundeinkommen soll keine Bestrafung sein.
Wenn die Bezieher dieses bedingungslosen Grundeinkommens eine Arbeit annehmen, erhalten sie trotzdem dieses Grundeinkommen weiter. Bis jetzt wurde ihnen das staatliche Geld dann gekürzt. So soll der Anreiz bei Arbeitssuchenden, sich wirklich eine Stelle zu suchen, erhöht werden. Zudem fällt der personalaufwendige Kontrollapparat des Arbeitsamts ganz weg. Niemand muss Bewerbungen schreiben und sich bei Einstellungsgesprächen und regelmäßigen Terminen im Arbeitsamt einfinden.
Ausgerechnet Finnlands rechtsliberaler Ministerpräsident, der ehemalige Großunternehmer Juha Sipilä, hat sich dieser Idee angenommen. Die Wahl im April 2015 gewann er, weil er versprach, Finnland wie ein Unternehmen zu führen und es so aus seiner tiefen Wirtschaftskrise zu befreien. Auf den ersten Blick passt das Experiment da nicht ganz hinein. Auf den zweiten Blick schon. Es geht um Freiwilligkeit, um die Verantwortung des Einzelnen und um weniger Arbeitsamt oder Staat. Es gehe vor allem darum, wissenschaftlich genaue Erkenntnisse über die Auswirkungen des Mitbürgergehalts zu ermitteln, heißt es nüchtern aus Helsinki. Sollte das Experiment positive Auswirkungen haben, schließt Helsinki eine Ausweitung nicht aus. Laut Umfragen ist die Mehrheit des Volkes für die Einführung eines Grundlohns für alle. Die Volksrentenanstalt Kela hatte der Regierung mehrere Versuchsmöglichkeiten angeboten. Im Grunde hatten die Kela-Experten wohl darauf gehofft, eine größere Gruppe mit einem höheren Grundeinkommen testen zu können. Ein Grundprinzip des bedingungslosen Mitbürgerlohns wird im anstehenden Experiment ganz weggelassen. Denn ursprünglich sollten ihn auch Bürger erhalten, die nicht arbeitslos sind. Doch das wäre deutlich teurer geworden. Die Regierung hat sich für eine der sparsameren Testversionen entschieden. Aber das ist besser als nichts. Denn tatsächlich gibt es bisher kaum wissenschaftlich sichere Erkenntnisse über das Verhalten von Individuen im Arbeitsmarkt bei der Auszahlung eines bedingungslosen Einkommens.