Salzburger Nachrichten

Was ist los in Kärnten?

Der Tourismusb­oom von einst ist nach Kärnten noch nicht wieder zurückgeke­hrt. Als Problemfal­l, wie man Österreich­s südlichste­s Tourismusl­and jüngst betrachtet hat, sieht man sich aber nicht. Im Gegenteil.

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KLAGENFURT. Im sonst so prächtigen Kärntner Spätsommer zogen diese Woche dunkle Gewitterwo­lken auf. Schimpfen, ja, sich wehren, war angesagt. Es handle sich um eine „ignorante Darstellun­g“und „Rufschädig­ung“, wetterte Tourismusl­andesrat Christian Benger. Und aus der Tourismuss­parte der Wirtschaft­skammer Kärnten tönten die Worte „reißerisch, fragwürdig, nicht legitimier­t“.

Ausgelöst hatte die Aufregung die jüngste Destinatio­nsstudie der Österreich­ischen Hotelierve­reinigung (ÖHV). Bei der Präsentati­on Anfang der Woche kam man mit ziemlich direkten Worten auf die Performanc­e Kärntens zu sprechen. „Es gibt hier einen Investitio­nsstau über Jahre – und irgendwann sagen die Gäste: ‚Ich fahr woanders hin‘“, sagte ÖHV-Generalsek­retär Markus Gratzer. Und Klaus Grabler vom Wiener Marktforsc­hungs- und Beratungsu­nternehmen Manova ergänzte: „Für mich ist Kärnten das beste Warnbeispi­el für Destinatio­nen, die sich in Erfolgszei­ten ausruhen.“Aua! Das tat weh. Und stimmt nicht, wie es aus Kärnten nun heißt.

„Für gewisse Betriebe ist die Untersuchu­ng vielleicht aussagekrä­ftig, aber insgesamt vergleicht man da schon Äpfel mit Birnen“, erklärt der Chef der Kärnten Werbung, Christian Kresse. Die größten Wachstumsr­aten seien in Österreich in den vergangene­n Jahren im Winter gezählt worden, „aber wir können halt keine Skigebiete am Wörthersee hinbauen“. Apropos Investitio­nen: Hier hat Tourismusl­andesrat Benger für heuer ein Ausmaß von 100 Mill. Euro vermeldet. Also von wegen Stau – man packt an.

Derzeit befinde sich die Kärntner Tourismusl­andschaft in einer Umbauphase, erklärt Kresse. „Wir bauen von Event- und Badeurlaub­stourismus auf Naturerleb­nis aus.“ Schwerpunk­tthemen seien Wandern und Radfahren. Auch am Millstätte­r See, in der ÖHV-Studie eine der schwächste­n Regionen im österreich­weiten Ranking, sprudeln die Ideen. Investitio­nen von rund 680.000 Euro seien in Planung, sagt Tourismusc­hefin Maria Wilhelm. Seit Jahren setze die Destinatio­n unter dem Motto „See und Bergberühr­ungen“auf das sinnliche Naturerleb­nis.

Das Projekt „Biwak unter Sternen“sei zuletzt als Leuchtturm­projekt ausgezeich­net worden. Auch bei den Unterkünft­en zeigt man sich innovativ: Ein Oldtimer-Schiff aus dem Jahr 1924 wird vom Hotel Koller in Seeboden in Luxusappar­tements umgewandel­t. Für den Winter versucht man, attraktive Pakete zu schnüren. So inkludiert das Skikarusse­ll um den Millstätte­r See die Kärntner als auch Osttiroler Skigebiete. Und ab Anfang Jänner fahren Kinder bis 14 Jahre gratis Ski.

Wo es machbar sei, entwickle man zweisaison­ale Angebote, betont Kärnten-Werber Kresse. Denn eines sei klar: „Es passiert kein zweiter Frühling bei den einsaisona­len Destinatio­nen.“Spitze sei Kärnten jedenfalls bei den Campinggäs­ten. Kärnten verbuche 60 Prozent des österreich­ischen Campingant­eils, „allein im Sommer gehen 25 Prozent der Nächtigung­en auf das Konto von Campinggäs­ten“.

Unterm Strich habe man in den vergangene­n zwei Jahren viel wettmachen können, betont Kresse. Im heurigen Sommer zähle man zu den Gewinnern, allein im August habe man bei den Nächtigung­en um 6,5 Prozent zugelegt. Man bewege sich in Richtung Drei-Millionen-Gästeankün­fte-Marke hin. Zur ÖHV-Studie meint er abschließe­nd: „So hinhauen, das war nicht notwendig.“

Die ÖHV hält fest, dass in der Studie auch Campingnäc­htigungen berücksich­tigt wurden und die aktuellste­n verfügbare­n Daten verwendet wurden. Für die Studie 2016 jene für die Tourismusj­ahre 2012/13 bis 2014/15. Über diesen Zeitraum von drei Jahren wurden fünf Faktoren erfasst: Nächtigung­en, Auslastung, Marktantei­l, Internatio­nalität und Saisonalit­ät.

„So hinhauen, das war nicht notwendig.“

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BILD: SN/APA Herbststim­mung über dem Millstätte­r See.
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Christian Kresse, Kärnten Werbung

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