Das schleichende Gift der Verhinderung
Zukunftsprojekte scheitern meistens nicht an renitenten Bürgern, sondern an der fehlenden Überzeugungskraft der Politik.
Wir ärgern uns über die grassierende Verhinderermentalität in Salzburg. Sie ist ein schleichendes Gift, das unter dem Deckmantel wirklicher Sorge um die Mit-, Um- und Nachwelt daherkommt. Häufig verbergen sich andere Motive dahinter. Entscheidungsschwache Politiker reden sich auf Volkes Meinung hinaus.
Der Platz reicht nicht aus, um alle in den vergangenen Jahren gescheiterten Projekte aufzuzählen. Allein der Gedanke an Hans Holleins sensationelles Museum im Mönchsberg muss seinen Totengräbern noch heute die Schamesröte ins Gesicht treiben. Nehmen wir den Siegerentwurf für das Salzburger Kongresshaus, der nie umgesetzt wurde. Gewonnen hatte der Spanier Juan Navarro Baldeweg. Doch sein Werk erschien zu teuer. Es wurde ein vermeintlich billigeres Projekt umgesetzt. Am Ende war es teurer und schlechter. Das war Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre im vergangenen Jahrhundert. Der damals aufziehende negative Geist hält bis heute an.
Es sind nicht in erster Linie renitente Anrainer, die jede Bewegung zum Erstarren bringen. Es ist die lahme, feige Politik, die kein gemeinsames Ziel verfolgt und damit zum Spielball für Grätzelinteressen geworden ist. Die Durchsetzungsfähigkeit, die gegeben ist, wenn möglichst alle an einem Strang ziehen, wurde und wird Partikularinteressen politischer Gruppierungen geopfert.
Der gute Ruf der Stadt Salzburg als wirtschaftlich attraktiver Stand- ort mit hoher Lebensqualität leidet. Zuletzt ist eines der erfolgreichsten Unternehmen Österreichs mit seiner neuen Niederlassung in das Umland abgewandert. Nicht weil es dort billiger ist, sondern weil bürokratische Schikanen in der Stadt gutes Wirtschaften behinderten.
Sind jetzt die vielen Bürgerinitiativen schuld daran, dass in Salzburg nichts weitergeht? Dürfen wir den Schwarzen Peter Anrainern zuschieben, die sich über jedes Neubauprojekt aufregen? Sind die Bürger schuld daran, dass es in Salzburg noch immer keinen leistungsfähigen öffentlichen Verkehr gibt, keine dringend notwendige Altstadtgarage, dass Millionen Euro im täglichen Stau verpulvert werden, dass keine Stromleitungen für saubere Windenergie aus Norddeutschland zur Verfügung stehen? Ist der kleine Mann von nebenan zum Bremsklotz für jegliche Innovation geworden?
Nein. Die Menschen nehmen ihre Möglichkeiten der Mitbestimmung wahr. Sie wollen, und das ist legitim, ihre Interessen durchsetzen. Wir leben in einem demokratischen Rechtsstaat. Das ist mühsam. Denn das ist kein Anschaffer-Staat, sondern ein Verhandlungs-Staat. Aber dieses Prinzip ist die unabdingbare Grundlage für ein gutes Zusammenleben.
Es ist die schwächelnde Politik, die an Überzeugungs- und Durchsetzungskraft eingebüßt hat. Jeder gegen jeden lautet die Devise auf
Die Bürger sind nicht schuld am Stillstand
den politischen Bühnen. Die Protagonisten bemerken dabei nicht, dass sie mit der gegenseitigen Schlechtmacherei ihr eigenes Geschäft kaputt machen. Schlechte Politiker schauen auf den nächsten Wahltermin, sagte in Salzburg der ehemalige Bundespräsident Heinz Fischer. Staatsmänner und Staatsfrauen schauen hingegen auf die nächste Generation.
Wir brauchen in Salzburg keine starken Männer an der Spitze. Wir brauchen vernünftige, kluge und mutige Frauen und Männer, die gemeinsam etwas erreichen wollen. Das ist derzeit leider nicht der Fall.