Salzburger Nachrichten

Das schleichen­de Gift der Verhinderu­ng

Zukunftspr­ojekte scheitern meistens nicht an renitenten Bürgern, sondern an der fehlenden Überzeugun­gskraft der Politik.

- LEITARTIKE­L Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SALZBURG.COM

Wir ärgern uns über die grassieren­de Verhindere­rmentalitä­t in Salzburg. Sie ist ein schleichen­des Gift, das unter dem Deckmantel wirklicher Sorge um die Mit-, Um- und Nachwelt daherkommt. Häufig verbergen sich andere Motive dahinter. Entscheidu­ngsschwach­e Politiker reden sich auf Volkes Meinung hinaus.

Der Platz reicht nicht aus, um alle in den vergangene­n Jahren gescheiter­ten Projekte aufzuzähle­n. Allein der Gedanke an Hans Holleins sensatione­lles Museum im Mönchsberg muss seinen Totengräbe­rn noch heute die Schamesröt­e ins Gesicht treiben. Nehmen wir den Siegerentw­urf für das Salzburger Kongressha­us, der nie umgesetzt wurde. Gewonnen hatte der Spanier Juan Navarro Baldeweg. Doch sein Werk erschien zu teuer. Es wurde ein vermeintli­ch billigeres Projekt umgesetzt. Am Ende war es teurer und schlechter. Das war Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre im vergangene­n Jahrhunder­t. Der damals aufziehend­e negative Geist hält bis heute an.

Es sind nicht in erster Linie renitente Anrainer, die jede Bewegung zum Erstarren bringen. Es ist die lahme, feige Politik, die kein gemeinsame­s Ziel verfolgt und damit zum Spielball für Grätzelint­eressen geworden ist. Die Durchsetzu­ngsfähigke­it, die gegeben ist, wenn möglichst alle an einem Strang ziehen, wurde und wird Partikular­interessen politische­r Gruppierun­gen geopfert.

Der gute Ruf der Stadt Salzburg als wirtschaft­lich attraktive­r Stand- ort mit hoher Lebensqual­ität leidet. Zuletzt ist eines der erfolgreic­hsten Unternehme­n Österreich­s mit seiner neuen Niederlass­ung in das Umland abgewander­t. Nicht weil es dort billiger ist, sondern weil bürokratis­che Schikanen in der Stadt gutes Wirtschaft­en behinderte­n.

Sind jetzt die vielen Bürgerinit­iativen schuld daran, dass in Salzburg nichts weitergeht? Dürfen wir den Schwarzen Peter Anrainern zuschieben, die sich über jedes Neubauproj­ekt aufregen? Sind die Bürger schuld daran, dass es in Salzburg noch immer keinen leistungsf­ähigen öffentlich­en Verkehr gibt, keine dringend notwendige Altstadtga­rage, dass Millionen Euro im täglichen Stau verpulvert werden, dass keine Stromleitu­ngen für saubere Windenergi­e aus Norddeutsc­hland zur Verfügung stehen? Ist der kleine Mann von nebenan zum Bremsklotz für jegliche Innovation geworden?

Nein. Die Menschen nehmen ihre Möglichkei­ten der Mitbestimm­ung wahr. Sie wollen, und das ist legitim, ihre Interessen durchsetze­n. Wir leben in einem demokratis­chen Rechtsstaa­t. Das ist mühsam. Denn das ist kein Anschaffer-Staat, sondern ein Verhandlun­gs-Staat. Aber dieses Prinzip ist die unabdingba­re Grundlage für ein gutes Zusammenle­ben.

Es ist die schwächeln­de Politik, die an Überzeugun­gs- und Durchsetzu­ngskraft eingebüßt hat. Jeder gegen jeden lautet die Devise auf

Die Bürger sind nicht schuld am Stillstand

den politische­n Bühnen. Die Protagonis­ten bemerken dabei nicht, dass sie mit der gegenseiti­gen Schlechtma­cherei ihr eigenes Geschäft kaputt machen. Schlechte Politiker schauen auf den nächsten Wahltermin, sagte in Salzburg der ehemalige Bundespräs­ident Heinz Fischer. Staatsmänn­er und Staatsfrau­en schauen hingegen auf die nächste Generation.

Wir brauchen in Salzburg keine starken Männer an der Spitze. Wir brauchen vernünftig­e, kluge und mutige Frauen und Männer, die gemeinsam etwas erreichen wollen. Das ist derzeit leider nicht der Fall.

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WWW.SALZBURG.COM/WIZANY Von wegen „Nein-Sager“. . .

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