Kolumbiens Präsident befristet die Feuerpause
Staatschef Juan Manuel Santos will im Friedensprozess den Druck auf alle Parteien erhöhen.
Die zwischen FARC-Rebellen und Regierung vereinbarte Feuerpause wird auf den 31. Oktober befristet, kündigte Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos am Dienstagabend in einer Rede an. Der Friedensprozess befinde sich gegenwärtig in einer „gefährlichen Grauzone“. Santos sagte aber nicht, was passiert, wenn es bis zum Ende des Monats kein neues Friedensabkommen gibt. Er sagte auch nichts dazu, ob die Feuerpause eventuell ausgedehnt werden könnte.
Die kolumbianische Bevölkerung hatte am Sonntag in einem Plebiszit das in fast vier Jahren ausgehandelte Friedensabkommen zwischen FARC und Regierung abgelehnt und eine politische Krise heraufbeschworen. Weder Regierung noch Rebellen haben einen Plan B. Niemand hat mit einer Ablehnung des als historisch geltenden Übereinkommens gerechnet.
Mit seiner Ankündigung setzt Santos nun seine Regierung ebenso unter Druck wie die Opposition um Ex-Präsident Álvaro Uribe. Er war Bannerträger der „No“-Kampagne und verlangt von Regierung und Rebellen Zugeständnisse bei der juristischen Aufarbeitung der Verbrechen der FARC und ihrer politischen Beteiligung. Auch die Guerilla selbst muss überlegen, ob sie bereit ist, die Abkommen von Havanna neu zu verhandeln und gegebenenfalls Haftstrafen zu akzeptieren.
FARC-Chef Rodrigo Londoño, alias Timochenko, zeigte sich von Santos Ankündigung überrascht. In einer Nachricht über den Kurznachrichtendienst Twitter fragte er: „Müssen wir uns nach dem 31. Oktober wieder auf Krieg vorbereiten?“
„Pastor Alape“, ein Kommandeur der Guerilla und Mitglied der Verhandlungsdelegation, rief die rund 7000 verbliebenen Kämpfer dazu auf, sich auf sichere Positionen zurückzuziehen, um gegen Angriffe gewappnet zu sein.
Unmittelbar nach dem negativen Referendum vom Sonntag hatten alle Beteiligten noch betont, an einer friedlichen Lösung des Konflikts festhalten zu wollen. Das Gleiche sagte auch Oppositionsführer Uribe, der am Mittwoch mit Präsident Santos zu einem Gespräch über mögliche Lösungen zusammenkam. Die Politiker, früher enge Verbündete, sind nun erbitterte Feinde. Aber Santos ist auf Uribe angewiesen, wenn er den Friedensprozess mit den FARC retten will.
Kolumbiens Außenministerin María Ángela Holguín forderte das „No“-Lager auf, umgehend eine Liste mit den Veränderungsvorschlägen an dem Friedensabkommen vorzulegen. Aber im Grunde erwartet sie von den Rebellen Zugeständnisse und drohte versteckt mit einer Rückkehr zum bewaffneten Konflikt: „Wenn die FARC nicht zu Nachverhandlungen bereit sind, kann man nichts machen. Dann wird alles wieder so wie früher.“