Als Schönberg aus Mattsee vertrieben wurde
Sommerfrische-Ort hat jüdischen Komponisten 1921 verjagt und startet nun historische Aufarbeitung.
„Wir waren der Sommerfrische-Ort der ,braunen Bonzen‘.“So bringt der Hobbyhistoriker Siegfried Hetz auf den Punkt, was sich zwischen 1934 und 1945 in Mattsee abgespielt hat. Austrofaschisten-Kanzler Engelbert Dollfuß verbrachte hier 1934 das letzte Wochenende vor seiner Ermordung; Hitlers Reichsstatthalter in Wien, Arthur Seyß-Inquart, urlaubte mit seiner Familie in einer Villa; Franz Hueber, Heimwehr-Führer und Schwager Hermann Görings, hat sich als Notar im Ort niedergelassen. Bgm. René Kuel (ÖVP) gab vor Längerem den Auftrag zur Aufarbeitung dieser Zeit. Umgesetzt wird das bei den „Tagen der Zeitgeschichte“im Rahmen der erstmals wieder abgehaltenen Bildungswoche (14.–26. Okt.). Das aus heutiger Sicht dunkelste antisemitische Kapitel Zeitgeschichte wurde in Mattsee schon im Sommer 1921 geschrieben: Da wurde der heute weltbe- rühmte Komponist Arnold Schönberg, Schöpfer der Zwölftonmusik, wegen seiner jüdischen Herkunft vertrieben. Hetz: „Es gab Werbesujets, wo Mattsee mit dem Slogan ,Wir sind judenrein‘ geworben hat.“Speziell gegen Schönberg habe es eine mediale Hetzkampagne gegeben. „Im Tourismus-Ausschuss der Gemeinde wurde die Entscheidung getroffen, Vermieter anzuhalten, nicht an jüdische Gäste zu vermieten. Schönberg hat daher Mattsee nach vier Wochen entnervt verlassen.“
Mattsee wird nun am 25. Oktober eine Gedenktafel für Schönberg enthüllen. Danach folgt eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Die Pflicht zur Erinnerung, das Recht auf Vergessen und die Scham des Verdrängens“. Tags darauf gibt es in der Stiftskirche ein „Konzert für Schönberg“mit der Welturaufführung des Streichquartetts Nr. 5, „Mattsee“. Dieses hat Johanna Doderer als Auftragskomposition verfasst.