Kurze Atempause für Aleppo
Russlands Präsident Wladimir Putin stoppt einige Stunden lang die Syrien-Bombardements. Das war wohl Bedingung für die Einladung nach Berlin.
Es gibt Gipfeltreffen, bei denen das Wichtigste ist, dass sie überhaupt stattfinden. So verhält es sich auch mit dem Besuch der Staatschefs Russlands, der Ukraine und Frankreichs bei Kanzlerin Angela Merkel am Mittwochabend in Berlin. Schon vor dem Abendessen mit Wladimir Putin, Petro Poroschenko und François Hollande im Kanzleramt gaben sich alle Seiten alle Mühe, die Erwartungen tief zu hängen. So tief, dass selbst ein völliges Ausbleiben von Erfolgen kaum als Scheitern gewertet werden könnte.
Merkel sagt es so: „Sicher darf man von dem Treffen keine Wunder erwarten.“Aus dem Kreml klingt das so: „Einen Durchbruch erwarten wir nicht.“Solche Äußerungen nennt man im Politjargon „Erwartungsmanagement“.
Dennoch gab es schon am Tag vor dem Gipfel ein Signal, für das sich die Einladung Putins nach Berlin schon gelohnt haben könnte. Die Luftwaffen Russlands und Syriens verkündeten einen vorläufigen Stopp ihrer Luftangriffe auf die umkämpften Stadt Aleppo. Die Feuerpause soll elf Stunden lang dauern. Die Pause bei den Bombardements dürfte Bedingung für das Zustandekommen des Berliner Gipfels gewesen sein. Es wäre kaum denkbar gewesen, dass Merkel, Putin, Poroschenko und Hollande dinieren, während russische Bomben syrische Zivilisten töten. „Manchmal liegt ein Erfolg schon darin, keine Eskalation zustande kommen zu lassen“, sagt Außenminister FrankWalter Steinmeier. Die Bundesregierung macht aber auch klar, dass die Signale aus Moskau bei Weitem nicht ausreichen. „Wir brauchen möglichst in ganz Syrien eine nachhaltige Waffenruhe“, sagt Regierungssprecher Steffen Seibert.
Für Merkel ist der erste Besuch Putins in Berlin seit vier Jahren eine Gratwanderung. Einerseits muss sie Härte zeigen. Russland wird für Bombardements auf Hilfskonvois und Krankenhäuser mitverantwortlich gemacht und mit Vorwürfen bis hin zu Kriegsverbrechen konfrontiert. Andererseits will Merkel den Gesprächsfaden mit Russland nicht abreißen lassen.
Für Putin ist die Reise nach Berlin ein willkommener Schritt heraus aus der Isolation. Vom Kanzleramt aus kann er den Bundestag sehen, wo er vor 15 Jahren als erstes russisches Staatsoberhaupt reden durfte. Doch nun ist der Graben zwischen dem Westen und Russland so tief wie seit dem Kalten Krieg nicht mehr.