Ein Steinbock springt heim
Raffinierte Salzburger Preziosen erreichten im Auktionshaus Im Kinsky überraschend hohe Preise. Johannes Neuhardt hat einige der kostbaren Stücke wieder für Salzburg gesichert.
Dieses „Hoheitstier“war der ostalpine Steinbock. Der war so begehrt und gejagt, dass er um 1800 ausstarb. Den letzten dieser Spezies im Tiergarten Hellbrunn habe der napoleonische General Jean-Victor Moreau 1800 eigenhändig erschossen – auch dies ein Symbol für das Ende des einstigen Fürsterzbistums, sagt Johannes Neuhardt. Der später wieder angesiedelte Steinbock sei – wie seine Artgenossen in der Schweiz – allerdings ein westalpiner, dessen Hörner nicht dick genug seien, um einen Becher daraus zu schnitzen. Warum war das Horn des ostalpinen Steinbocks so begehrt? „Der Steinbock ist eine wandelnde Apotheke“, schildert Johannes Neuhardt. Wegen der magischen Kräfte, die ihm erlaubt hätten, „in den schwindligsten Zinnen“des Hochgebirges herumzuturnen, sei er „mit unglaublicher Ehrfurcht“betrachtet worden. „Dieser Kräfte wollte sich der Mensch teilhaftig machen, indem er aus den Gefäßen getrunken hat.“Auch für Medizin und Salz wurden solche Horngefäße verwendet. So eine Saliera ist bereits in der Kunst- und Wunderkammer des Dommuseums. Ein Klapplöffel im Futteral mit Silbermontierung und rückseitig „zart mit Steinböcken beschnitzt“, wie es im Im-KinskyKatalog heißt, ist nun ersteigert worden. Medizin von solchem Löffel genommen, sei als besonders heilsam erachtet worden, schildert Johannes Neuhardt. Viele der Steinbockhorn-Gefäße stammen sicher oder wahrscheinlich aus Salzburg. Denn so wie Erbach in Odenwald bei Worms ein europäisches Zentrum der Elfenbeinschnitzerei gewesen sei, so sei Salzburg auf Steinbockhorn spezialisiert gewesen, erläutert Johannes Neuhardt.
Und für die Tiere, die sich nur im Hochgebirge über 1000 Meter wohlfühlten, bot Salzburg reichlich Raum. Beginnend vor allem mit Johann Ernst Graf Thun legten die Erzbischöfe auf diese edlen Wesen so hohen Wert, dass Wildern mit Todesstrafe geahndet wurde. Weil trotzdem in der Floiten und der Gunggl, zwei Nebentälern des Zillertals, wo Johann Ernst Steinböcke züchten ließ, gewildert wurde, ließ er die Steinböcke – jeden einzeln von einem Mann auf den Schultern getragen – ins Tennen- und ins Hagengebirge überstellen.
Gejagt wurde der ostalpine Steinbock nach Angaben Johannes Neuhardts nur wegen „der Stangen“. „Das Fell war uninteressant, das Fleisch war ungenießbar.“Neben dem Schnitzen gab es noch eine raffinierte Verarbeitungsform: Das in heißes Öl eingelegt Horn wurde so weich, dass es mittels eines Stempels in Form gebracht werden konnte.
Wie kostbar SteinbockhornGefäße sind, wird derzeit noch in der „Schatzkammer“der Landesausstellung 2016 bezeugt, die an 39 Beispielen daran erinnert, wie bedeutend das Fürsterzbistum bis 1800 gewesen ist. In einer Vitrine sind Hornschnitzereien: drei „gefußte Trinkschalen“und drei Deckelpokale. Sie sind im Salzburg Museum noch bis 30. Oktober zu besichtigen.
Wann die jetzt erworbenen Stücke – mit den schon beträchtlichen Steinbockhorn-Stücken der Kunst- und Wunderkammer des Dommuseums – zu sehen sein werden, steht noch nicht fest. Demnächst werden sie jedenfalls nach Salzburg gebracht.