Neue Sanktionen gegen Russland bleiben ein Thema
Die Staats- und Regierungschefs der EU verurteilen die Kriegsverbrechen in Syrien – und die Rolle Moskaus dabei.
Um Sanktionen gegen Russland sollte es beim Gipfeltreffen der 28 Staats- und Regierungschefs gestern, Donnerstag, in Brüssel eigentlich nicht gehen. Italiens Premierminister Matteo Renzi hatte schon vor Längerem angeregt, die Beziehung zu Moskau zu diskutieren. Bewusst dann, wenn kein Beschluss über die Verlängerung der Sanktionen ansteht, die wegen der Annexion der Krim und der Unterstützung des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine gegen Russland verhängt wurden.
An eine Aufhebung dieser Strafmaßnahmen ist derzeit ohnehin nicht zu denken. Sie ist an die Umsetzung des Minsker Abkommens gekoppelt, bei dem es aber kaum Fortschritte gibt. Man habe den Zeitplan für die Umsetzung konkretisiert, sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel nach einem Treffen mit Frankreichs Präsident François Hollande, Russlands Präsident Wladimir Putin und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko in der Nacht auf Donnerstag in Berlin.
Sanktionen gegen Russland waren beim EU-Gipfel am Donnerstag trotzdem ein Thema – zusätzliche, wegen Moskaus Rolle in Syrien. Merkel berichtete, es habe in Berlin eine „sehr klare und auch sehr harte Aussprache“mit Putin gegeben. „Was in Aleppo mit russischer Unterstützung passiert, ist völlig unmenschlich“, sagte die Kanzlerin am Donnerstag in Brüssel. Für eine harte Linie gegen Russland hatten sich (auch schon vor dem Gipfeltreffen) unter anderen Frankreich und Großbritannien ausgesprochen. Die britische Premierministerin Theresa May sagte, man müsse den „Druck auf Russland fortsetzen“. Es brauche eine „robuste und geeinte EU“gegen die „russische Aggression“. Hollande pochte vor allem auf eine Verlängerung des Waffenstillstands in Aleppo. Beim Treffen in Berlin habe man Druck auf Putin gemacht, „dass er seine Hausaufgaben macht“, berichtete Hollande in Brüssel. Tatsächlich haben Russland und Syrien am Donnerstag nach Angaben der UNO einer Verlängerung der einseitigen Feuerpause um einen Tag zugestimmt, um Notleidende in Aleppo zu versorgen. Die Waffenruhe soll bis Samstag für jeweils elf Stunden am Tag gelten, in denen Verwundete medizinisch versorgt werden können. Die UNO hofft zudem auf eine Verlängerung der Waffenruhe zumindest bis Montag.
Die EU wird das weitere Vorgehen in Syrien, vor allem auch jenes Russlands in dem Bürgerkriegsland, genau verfolgen. „Wir sollten alle Optionen offen halten, einschließlich Sanktionen, wenn die Verbrechen anhalten“, erklärte EU-Ratspräsident Donald Tusk.
Zurückhaltender war bei diesem Thema Österreichs Kanzler Christian Kern. Jetzt sei „nicht der Zeitpunkt, über Sanktionen zu reden, sondern wie wir den Friedensprozess in Gang bekommen“. Österreich gehörte auch in der Vergan- genheit zu jenen Ländern, die sich immer skeptisch zu Sanktionen gegen Russland geäußert haben. Zuletzt wiederholte Außenminister Sebastian Kurz am Montag beim Treffen mit seinen EU-Amtskollegen in Luxemburg, dass er weitere Sanktionen für falsch halte. „Es braucht keine weitere Eskalation, sondern was es braucht, ist Deeskalation.“
Auf dieser Linie ist auch die österreichische Wirtschaft, die gute Geschäftsbeziehungen zu Russland pflegt. Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl richtete sich kürzlich sogar mit einem Brief an EU-Kommissionspräsident JeanClaude Juncker: Die bisherigen Sanktionen seien ohne Erfolg geblieben, was es jetzt brauche, sei Dialog, deponierte Leitl seine Meinung in Brüssel.
„Sehr klare und harte Aussprache.“Angela Merkel, Kanzlerin