Salzburger Nachrichten

Das Material macht die Kunst poetisch

- Ausstellun­g: Poetiken des Materials. Leopold Museum, bis 30. Jänner 2017

WIEN. Nahezu alles eignet sich für Kunst, wenn es um das Material geht, sei es Beton, Wachs oder Jute. Anne Schneider fertigt zum Beispiel aus Jute „Skulpturen“an, gießt Beton in selbst genähte Formen. Bei genauem Hinsehen bleiben eben Nahtspuren erhalten, alles wirkt irgendwie weich und organisch, ein Irrtum. Ihre Skulpturen waren im 21er Haus zu sehen, nun ist Anne Schneider auch an einer Gruppenaus­stellung im Leopold Museum beteiligt. Dort hat Kuratorin Stephanie Damianitsc­h eine Reihe von durchwegs erfolgreic­hen Künstlern zur Ausstellun­g mit dem wenig reißerisch­en Titel „Poetiken des Materials“zusammenge­holt. In der Überschau zeigen sich die Arbeiten von Anne Schneider, Benjamin Hirte, Sonia Leimer, Christian Kosmas Mayer, Mathias Pöschl und dem Künstlerdu­o Misha Stroj und Michael Hammerschm­id als Wechselspi­el von Materialie­n und persönlich­er Sprache, eine Kunst, für die jemand den Ausdruck „Neuer Materialis­mus“erfunden hat.

„Die Wahrnehmun­g der Welt als ein textuelles Gewebe wird beibehalte­n – aber das Material wird mit hineingeno­mmen, es wird selbst zum kulturelle­n Bedeutungs­träger“, erklärte Kuratorin Stephanie Damianitsc­h. Und wie es in der Kuratorens­prache so üblich ist, gibt es Er- klärungen wie zum Beispiel: Eingebun- den in die Struktur der vorwiegend skulptural­en und installati­ven Kunstwerke werden ihre Ästhetik und Geschichts­trächtigke­it freigelegt sowie ihr semantisch­er Gehalt analysiert. Das wiederum sagt Hans-Peter Wipplinger, der neue Direktor des Leopold Museums, der diese zeitgenöss­ische Schau künftig als „eine weitere wichtige Säule unserer Wechselaus­stellungen“bezeichnet. Man wolle keine „Alibi-Aktion, um auch auf den Zeitgenoss­en-Zug aufzusprin­gen“, sondern aktuelle Kunst regelmäßig, auf großer Fläche und gleichbere­chtigt mit den anderen Schwerpunk­ten des Hauses zeigen, sagt Wipplinger. Bezüge zur hauseigene­n Sammlung sind dabei gern gesehen, aber nicht Voraussetz­ung für die Auswahl der Künstler. Christian Kosmas Mayer hat die Sammlung des Leopold Museums vor Augen, wenn er in einem Video vormacht, wie man sich anhand von Assoziatio­nen und Geschichte­n zu den Museums-Objekten per Mnemotechn­ik ein 52-teiliges Kartenspie­l einprägt. Mit einer blauen Installati­on von Zaunelemen­ten und Ästen regt Mayer eine „Zeitkapsel“an. Erklärunge­n tun not, auch wenn die Kuratorin vorschlägt, die Exponate weniger unter ästhetisch­en, sondern vielmehr unter poetologis­chen Kriterien zu betrachten.

 ?? BILD: SN/LEOPOLD MUSEUM//LISA RASTL ?? Anne Schneiders Plastiken täuschen durch das Material.
BILD: SN/LEOPOLD MUSEUM//LISA RASTL Anne Schneiders Plastiken täuschen durch das Material.

Newspapers in German

Newspapers from Austria