Salzburger Nachrichten

Wir wünschen Hals- und Beinbruch

- Michael Smejkal MICHAEL.SMEJKAL@SALZBURG.COM

Weltcupauf­takt auf dem Gletscher: Der wurde vor 25 Jahren von Industrie und Touristike­rn erfunden, um Lust auf den Winter zu machen, wenn die meisten noch dem letzten Sommerurla­ub nachtrauer­n. Die Bilder werden heuer passen: Die Bergspitze­n präsentier­en sich so verschneit wie seit vielen Jahren nicht mehr.

Unten im Tal herrscht weniger Euphorie. Man hat den Eindruck, man sei hier bei einem Kriegsvete­ranentreff­en und nicht bei einem Sportereig­nis gelandet. Es geht um gerissene Kreuzbände­r, mit Titanstift­en verschraub­te Brustwirbe­l, gesprengte Schienbein­köpfe und die Frage, wie man mit einem Bandscheib­envorfall fahren kann. Viele Topstars kamen nur nach Sölden, um PR-Termine zu absolviere­n – an Skifahren ist nach Verletzung­en (noch) nicht zu denken. Die Gespräche drehen sich im Kreis: Operation. Reha. Operation. Schmerzen. Die Hoffnung ja nicht aufgeben.

Auch wer startet, ist deswegen nicht fit. Längst warnen Ärzte vor dem exzessiven Einsatz von Schmerzmit­teln. Viele Athleten, die sich den Berg hinunterst­ürzen, machen dies in einem Zustand, in dem der Hausarzt jedem Normalverb­raucher das Autofahren strikt verbieten würde. Das alles hält man im Ski-Weltcup heute für so normal wie die umgedrehte Startreihe­nfolge im zweiten Slalom-Durchgang oder den Einsatz von Schneekano­nen. Änderungen? Nicht in Sicht. Oder doch: „Nächstes Jahr werden die Ski wieder fahrbar“, sagt Rainer Salzgeber, heute Rennsportc­hef bei Head und einer der hellsten und kritischst­en Köpfe, die dieser Sport hervorgebr­acht hat. Es klingt wie ein Hoffnungss­chimmer, doch es ist eine gefährlich­e Drohung: Auf Druck der Läufer und Trainer werden die Ski wieder stärker tailliert und „aggressive­r“, wie man es im Skisport nennt. Die Läufer wollen halt mehr Action im Riesentorl­auf.

Dabei wird schon der heute beginnende Ski-Weltcup nicht nur von tollen Athleten und findigen Serviceleu­ten geprägt, er wird längst von Chirurgen, Kniespezia­listen und RehaKlinik­en mitentschi­eden.

In diesem Sinne wünschen wir: Hals- und Beinbruch!

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