Atomic rast in eine neue Zeit
Um in einem weltweit rückläufigen Skimarkt Geld verdienen zu können, brauchen die Skiproduzenten immer neue Ideen.
ALTENMARKT. Wenn dieses Wochenende aus Sölden die ersten Skirennen der Saison übertragen werden, ist bald jedem klar: Es wird wieder Winter. Und in dem ist Skifahren beileibe kein Auslaufmodell. 158 Millionen Skifahrertage pro Saison werden aktuell in den Alpen gezählt, ergab erst kürzlich das Forschungsprojekt „Winterreisen in die Alpen“. Davon entfallen 51 Millionen Skitage auf Österreich.
Wie und womit Ski gefahren wird, hat sich jedoch radikal verändert. Von den Herstellern landen heute bis zu 60 Prozent der Produktion im Verleih. Und weltweit ist der Markt für Alpinski mit zuletzt rund 2,9 Millionen Paar pro Jahr leicht rückläufig. Dagegen sind mit 3,3 Millionen Paar die Skischuhe die neuen Bestseller.
Kann man mit einer Skiproduktion überhaupt noch Geld verdienen? „Wir tun’s“, sagt Atomic-Geschäftsführer Wolfgang Mayrhofer, „sonst würde es uns nicht mehr geben.“Rund um das Kernprodukt Ski hat man sich in den vergangenen Jahren allerdings zum Komplettanbieter hochgearbeitet. „Die Strategie ,Gesamtausstatter‘ ist nun abgeschlossen“, sagt der AtomicChef. In den vergangenen beiden Jahren habe man einen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag investiert, davon seien allein 2,1 Mill. Euro in die Entwicklung eines neuen Tourenskischuhs geflossen. In Summe kommt Atomic mittlerweile auf 400.000 Paar Skischuhe pro Jahr. Bei den Skibrillen konnte man sich im vierten Jahr auf 55.000 Stück steigern. Die im Vorjahr „als Abrundung“eingeführte Bekleidungslinie zählt bereits 50 Teile.
Intensiv beschäftigt hat man sich bei Atomic zuletzt auch mit der Bindung zum Kunden. Skirennen allein sind als Werbeauftritt längst zu wenig – auch wenn man Superstars wie Marcel Hirscher und Mikaela Shiffrin unter Vertrag hat. „Designe deinen eigenen Ski“ist hier nur ein neuer Baustein, mit dem die Skimarke aus Altenmarkt ihre Fangemeinde vergrößern will. Das im Vorjahr eingeführte Online-Tool habe bisher 280.000 Hits erzielt, sagt Mayrhofer. Dass am Ende für nur 80 Paar auch der tatsächliche Auftrag für die Produktion erteilt wurde, ist Nebensache. „Die Menschen haben Spaß am Designen und teilen ihre Entwürfe mit ihren Freunden“, sagt Mayrhofer. Erreicht hat man damit letztlich eine längere Verweildauer auf der Atomic-Website und die Verbreitung der Marke im Social-Media-Netzwerk.
Geschärft wird das Kundenprofil auch über die „Mountain Academy“, einen Online-Kurs zum Thema Sicherheit auf den Bergen, und den Sports Tracker. Die mobile App hat sich der Atomic-Mutterkonzern Amer einverleibt, sie liefert sämtliche Daten, die beim aktiven Skifahren aufgezeichnet werden.
Das größte Wachstum hat man zuletzt bei Skitourengehern und Frauen erzielt. Wobei im Tourenbereich die Ausrüstung für den Workoutund Freizeit-Tourengeher, der schnell einmal nach der Arbeit über die Piste aufsteigt, die stärksten Zuwächse verzeichnet.
Endgültig Geschichte ist die Blümchen-Ära, mit der man vor zehn Jahren die Frauen zur eigenständigen Zielgruppe machte. „Eigentlich waren das Herrenski, die man nur lieblich gestaltet hat“, gibt Maria Pichler, Ex-Snowboardprofi und Damenproduktchefin bei Atomic, zu. Mittlerweile hätten Damenski eine völlig eigene Bauweise, die auf Körperbau und Kraftübertragung der Frau maßgeschneidert sei. 20 verschiedene Damenskimodelle – von Race bis Freeride – hat Atomic derzeit im Portfolio, neu im kommenden Winter sind Damen-Tourenski. In Summe verkauft Atomic heute weltweit 110.000 Paar Damenski pro Jahr. Damit die Damenski-Community weiter wächst und sich vernetzen kann, launcht man heuer die Initiative #sheskis.
„Skirennen als Werbung sind zu wenig.“