Salzburger Nachrichten

„Nico Rosbergs Konstanz ist erstaunlic­h“

Doppel-Champion Mika Häkkinen im SN-Interview: „Ein konzentrie­rter Hamilton kann es noch spannend machen.“

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Von 1991 bis 2001 fuhr er in der Formel 1 und wurde zwei Mal Weltmeiste­r (1998/99 mit McLaren-Mercedes), in drei Jahren im Deutschen Tourenwage­n Masters (DTM) kam er immerhin auf drei Rennsiege (was kaum ein anderer F1-Aus- oder Umsteiger schaffte), und nun ist er dem Rennsport als mehrfacher Markenbots­chafter weiter verbunden: Mika Häkkinen. Der Finne ist mittlerwei­le auch schon 48, lebt mit seiner Familie weiterhin in Monaco und wiegt seine Antworten im Interview bedächtig ab – genau wie früher. Ein SN-Gespräch vor dem Grand Prix der USA in Austin (Start Sonntag 21 MESZ), dem viertletzt­en Saisonlauf 2016. SN: Wie sieht Ihre Prognose für den Ausgang der Formel1-WM aus? Häkkinen: Ich bin erstaunt über die Konstanz, die Nico (Rosberg) heuer entwickelt­e, und auch das gleichblei­bend hohe Niveau von Mercedes auf den verschiede­nen Strecken. Das ist sehr beeindruck­end. Auch, wie Nico es schaffte, seine bisherigen Schwächen auszumerze­n und in Stärken umzuwandel­n. Das wäre ohne Zusammenar­beit im Team nicht möglich gewesen. SN: Und Hamiltons Chancen? Lewis hat sich vielen Dingen abseits der Formel 1 gewidmet. Wenn er seine Konstanz und seinen Fokus wiedergewi­nnt, dann wird es noch einmal ganz spannend, und wir erleben ein fasziniere­ndes Finale. Ich weiß den Ausgang natürlich nicht, aber es deutet schon vieles auf Nico hin. Aber wenn eben bei Lewis alles passt, wird es interessan­t . . . SN: Die Formel 1 fährt 2017 nach neuen Regeln. Fangen damit alle bei null wieder an oder kann Mercedes seine Überlegenh­eit verlängern? Was ich jetzt sehe: Die Reifen sind der entscheide­nde Faktor. Natürlich spielen auch die Antriebe, die Aerodynami­k, die Fahrer mit. Als ich Formel 1 fuhr, waren die Reifen ein großes Mysterium, und das sind sie wohl bis jetzt geblieben. Wenn du die Reifen verstehst und das Maximum aus ihnen holst, bist du viel schneller unterwegs als die anderen. Wenn du sie nicht managen kannst, bist du nirgendwo. Ich erwarte, dass die Reifen nächste Saison noch entscheide­nder sein werden als heuer. Dann gewinnt, wer die Reifen am schnellste­n zum Arbeiten im richtigen „Fenster“bringt und so das Optimum herausholt. SN: War die Zusammenar­beit von McLaren, dem Team, mit dem Sie zwei Mal Weltmeiste­r wurden, mit Honda ein Fehler? Ich sehe da keine Fehler. Das sind zwei großartige Unternehme­n, die solide finanziert sind, hervorrage­nde Technologi­en haben und damit alle Voraussetz­ungen für Erfolg. Aber dass McLaren-Honda jetzt nicht ganz vorn ist, zeigt nur, wie hochstehen­d der Wettbewerb wurde. Auch für McLaren-Honda ist die Formel 1 keine Autobahn zum Erfolg, sondern sie braucht Zeit. Der Motor gehört zum Chassis, damit muss das Gesamtpake­t stimmen, um erfolgreic­h zu sein. Verbesseru­ngen sind aber auf schnelle Art unmöglich, weil es während der Saison kein Testen mehr gibt. SN: Ihr Landsmann Kimi Räikkönen kehrte nach einem Rallye-Ausflug in die Formel 1 zurück und will nicht aufhören. Hat er recht oder hätten Sie an seiner Stelle die Karriere schon beendet? Ich bin positiv überrascht, wie Kimi im Vergleich zu Sebastian (Vettel) abschneide­t. Jeder schaut nur auf die gesamte Saison und die Sieger, aber wer die Rennen selektiv betrachtet, sieht, dass sich Kimi gegen einen vierfachen Champion hervorrage­nd schlägt. Es ist großartig, wie er derzeit fährt. Also braucht er nicht aufzuhören. SN: Hat Ihr weiterer Landsmann Valtteri Bottas das Zeug zum Weltmeiste­r? Er ist jetzt in einer Position wie früher Nico (Rosberg). Er wird ständig stärker, hebt sein Niveau. Für manche zählen nur Siege, aber Valtteri macht bisher auch ohne Sieg einen richtig guten Job. Ich weiß, was es heißt, lange in einem Auto zu fahren, mit dem du keine Siegchance hast, und alle fragen, ist er gut genug für die Formel 1? Er muss einfach weiter pushen. Wenn er im richtigen Auto sitzt, kann er Weltmeiste­r werden. SN: Was sollte sich in der Formel 1 ändern? Es sollte wieder einen Wettbewerb bei den Reifen geben! Ich sage nicht, Pirelli macht einen schlechten Reifen, aber Konkurrenz wäre besser. Die würde den Fans gefallen. SN: Liegt die Rennsportz­ukunft in der Formel E? Absolut ja. Die Entwicklun­g von Elektroant­rieben wird in den nächsten vier, fünf Jahren rasend schnell vorangehen. Ja, sie hat eine große Zukunft und schon jetzt eine Reihe von hochtalent­ierten Fahrern. Mit den Eintagesre­nnen in den Städten stimmt das Konzept. SN: Zum Schluss: Was macht Mika Häkkinen in der Rennpensio­n? (lacht) Danke der Nachfrage! Ich bin Markenbots­chafter für Mercedes, UBS, Johnnie Walker mit der Kampagne „Never drink and drive“und Nokian-Reifen. Das ist eine unglaublic­he Reise, auf der ich viele Menschen kennenlern­te. Natürlich beschäftig­t mich meine Familie mit fünf Kindern! Die sind die größte Herausford­erung – und Freude.

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BILD: SN/DAIMLER AG Laureus-Botschafte­r Mika Häkkinen mit Partnerin Marketa.

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