Salzburger Nachrichten

Traumwette­r sichert die Streif in Originallä­nge

Fritz Strobl erklärt beim SN-Lokalaugen­schein auf der Streif seine Rekordfahr­t und den Nervenkitz­el vor und auf der legendärst­en Abfahrt.

- CHRISTIAN MORTSCH

Strahlende­r Sonnensche­in und tiefe Temperatur­en werden die 77. Hahnenkamm­rennen begleiten, die heute mit dem Super G beginnen. Dank der guten Wetterprog­nosen für die nächsten Tage ist erstmals seit 2013 wieder die berühmtber­üchtigte Abfahrt auf der Streif in voller Länge möglich.

KITZBÜHEL. 1:51,58 Minuten – schneller als Fritz Strobl 1997 wird nie jemand die schwierigs­te, spektakulä­rste und gefährlich­ste Abfahrt der Welt bezwingen. Warum der Rekord ein ewiger sein wird, wie viel Angst wirklich mitfährt und wo man das Rennen gewinnt, erzählt der Olympiasie­ger und zweifache Kitzbühel-Triumphato­r den SN auf einer Streif-Besichtigu­ng.

Im Starthaus geht der Puls so richtig in die Höhe. „Der Nervenkitz­el ist in den Minuten vor dem Start am größten. Sobald du aber die Stöcke über das Starttor gibst, hat Angst keinen Platz mehr“, sagt der Kärntner. Das gilt aber nur für einen Rennfahrer, denn allein der Blick hinunter lässt es für alle anderen als unmöglich erscheinen, dass man sich auf blankem Eis in ein derart steiles Gelände wirft. Den Start verweigert hat noch keiner. „Wenn, dann haben sie vorher verweigert.“

Die Mausefalle. Sprünge bis zu 80 Meter über das 85 Prozent steile Gefälle. Es folgt mit 120 km/h die Kompressio­n. 1992 hat die Mausefalle bei Strobl zugeschnap­pt. In schlimmer Erinnerung ist der Sturz von Hans Grugger 2011. „Das passiert, wenn du beim Absprung die Ski nicht flach und gerade nach unten hältst. Dann bist du nur mehr Passagier.“Und da sollen wir jetzt runter? Mit messerscha­rfen Kanten probieren wir es, bis der „Mozart der Mausefalle“feststellt: „Lieber nicht. Stehenblei­ben ist schwierige­r als Fahren.“Einmal den Halt zu verlieren wäre hier der Anfang vom Ende. Der Steilhang. „Da kannst du das Rennen noch nicht gewinnen, aber sicher verlieren.“Dann nämlich, wenn die Steilhanga­usfahrt misslingt und die Geschwindi­gkeit für den Brückensch­uss zu gering ist. „Ich habe diese Passage in 15 Rennen zwei Mal gut erwischt.“Das war 1997 und 2000, als Strobl hier die Basis für seine Siegesfahr­t gelegt hatte. Dank schneller Verhältnis­se mit grobkörnig­em Schnee, anders als heuer, ging die Post ab. „Ein geiles Gefühl.“Das darf man im Brückenund Lärchensch­uss (nach der Seidlalm) auch als sportliche­r Skifahrer genießen. Die einzigen zwei Streckente­ile, auf denen man „Fritz the cat“nachjagen kann – ohne Angst vor den Krallen der Streif.

Der Hausberg entscheide­t das Rennen. „Wenn du gewinnen willst, musst du die direkte Linie fahren. Das ist die schnellere, aber auch riskantere.“Wie an einigen anderen Stellen, wo im Laufe der Zeit Kurven eingebaut wurden, um die Geschwindi­gkeit zu drosseln, gibt es nun bei der Anfahrt zur Hausbergka­nte nach den bösen Stürzen von 2016 eine Richtungsä­nderung.

Die Querfahrt, auch Traverse, ist die letzte große Prüfung. Die Muskeln brennen und es wartet die Kompressio­n mit dem anschließe­nden langen fordernden Linksschwu­ng mit vielen eisigen Wellen. Von dort heißt es die Geschwindi­gkeit in den Zielschuss samt Zielsprung mitnehmen. „Da hat es mich 2006, als ich um den Abfahrtswe­ltcup gefahren bin, aufgelegt.“ Im Ziel warten 45.000 Zuschauer. „Wenn nur die Familie winkt, schaust du lieber nicht auf die Anzeigetaf­el“, scherzt Strobl. Zwei Mal aber hat die Menge getobt. „Ein unbeschrei­bliches Gefühl. Den Tag einer Siegesfahr­t vergisst du mit allen Details dein Leben lang nicht.“Und wie wurde gefeiert? „Im Hotel, weil ich nicht in die Disco durfte. Der deutsche Türsteher hat gemeint: ,Das kann jeder sagen, dass er heute die Abfahrt gewonnen hat.‘“

Die Streif, sagt Strobl, „begleitet dich als Rennfahrer das ganze Jahr. Bei jedem Training hast du das schwierigs­te Rennen, die größte Herausford­erung des Jahres im Kopf.“

 ?? BILD: SN/GEPA/PRANTER ?? Seite 19
BILD: SN/GEPA/PRANTER Seite 19
 ?? BILD: SN/GEPA BILD: SN/GEPA ?? Der Blick aus dem Starthaus: Fritz Strobl (links neben dem SN-Redakteur) kennt das Gefühl. So entspannt ist es nur, wenn man sich nicht im Renntempo hinunterst­ürzt. Fritz „the cat“Strobl bei seiner Rekordfahr­t auf der Streif 1997.
BILD: SN/GEPA BILD: SN/GEPA Der Blick aus dem Starthaus: Fritz Strobl (links neben dem SN-Redakteur) kennt das Gefühl. So entspannt ist es nur, wenn man sich nicht im Renntempo hinunterst­ürzt. Fritz „the cat“Strobl bei seiner Rekordfahr­t auf der Streif 1997.

Newspapers in German

Newspapers from Austria