Nutznießer der Stiftung Erwin Prölls halten sich bedeckt
Die SN begaben sich auf Spurensuche nach Prölls Stiftungsgeldern. Die großzügige Verteilung von Tausenden Euro an drei Sozialprojekte verlief ungewöhnlich.
ST. PÖLTEN. Nach dem überraschenden Rücktritt von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) bleiben zu seiner mit 1,35 Millionen Euro öffentlichen Geldes geförderten Privatstiftung viele Fragen unbeantwortet. Rund 150.000 Euro sollen seit der Gründung 2007 an Stiftungsvermögen in Sozialprojekte geflossen sein. Dabei handle es sich nicht um öffentliche Gelder, sondern um private Spenden, sagte Peter Kirchweger, Sprecher des Landeshauptmannes. 300.000 Euro, die vom Land an die Stiftung überwiesen worden seien, lägen noch am Stiftungskonto. Das ist auch einem Bericht des Landesrechnungshofs zu entnehmen.
Einen Teil der 150.000 Euro, nämlich 10.000 Euro, erhielt ein integrativer Chor einer Caritas-Einrichtung im Weinviertel. Kirchweger wollte dazu nichts sagen, weil „die Betroffenen einen Rechtsanspruch auf Datenschutz haben“. Die Chorleiterin der Gruppe mit 18 geistig und körperlich beeinträchtigten Menschen bestätigt die Überweisung von je 5000 Euro in den Jahren 2009 und 2010. „Wir haben uns um das Geld schwarze Leiberl und Schals gekauft und eine CD produziert. Das hätten wir uns sonst nie leisten können“, erzählt Frau T. Ursprünglich sei die „Volkskultur Niederösterreich“an sie herangetreten, dass die Pröll-Stiftung dahinterstehe, habe sie erst bei der Abrechnung gesehen. „Das war mir nicht recht und das habe ich auch intern kommuniziert“, sagt die Chorleiterin und Seelsorgerin.
Auch eine Senioreninitiative im Waldviertel wurde unterstützt. „Eine Bekannte hat uns darauf aufmerksam gemacht, dass wir ihr Rechnungen geben sollen, dann bekommen wir Geld“, sagt Frau F. Sie und eine Bekannte gründeten die Initiative. Das Ziel: Vernetzung von Senioren, gemeinsam Kaffee trinken, sich austauschen. Raummieten und Verpflegung kosten Geld. Deshalb gab Frau F. laut eigener Aussage die Rechnungen für Kaffee, Kekse und Kuchen der Bekannten, die versprochen hatte, sich um das Geld zu kümmern. „Förderansuchen haben wir keines gestellt.“Irgendwann habe eine der Gründerinnen das Geld erhalten. „Drei Mal 1500 Euro“, ergänzt die Mitorganisatorin. Ob sie den Betrag bar oder überwiesen bekamen, konnten die Gründerinnen nicht sagen, überhaupt kritisierten sie die Berichterstattung über die Pröll-Stiftung.
Ein Frauenintegrationsprojekt im südlichen Industrieviertel gelangte auf andere Weise an Stiftungsgelder. „Wir haben die Initiative im Jahr 2007 gegründet, weil wir viele muslimische Frauen im Ort haben und den Dialog fördern wollten“, erklärt die Initiatorin, Frau B. Für sie ist das Projekt ein voller Erfolg. „Viele, die vorher einfach nebeneinander gelebt haben, reden jetzt miteinander.“Frau B. lud Gastrednerinnen ein und organisierte Deutschkurse. Auch dafür braucht eine kleine Initiative Geld. Trotzdem sei das Projekt mit eigenen Mitteln zunächst gut gelaufen. Umso überraschter war Frau B., als sie einige Monate nach der Gründung einen Brief des Landeshauptmannes bekam. Mit der Bitte, sie unterstützen zu dürfen. Mit 6000 Euro. „Wir waren verunsichert, haben aber schließlich mit der PröllPrivatstiftung einen Vertrag abgeschlossen.“Darin war laut Frau B. festgelegt, dass sie Rechnungen vorlegt und das Land keine Werbung mit ihr macht. Auf die Frage, warum man keinen Verein gegründet hat, um einfach um Förderungen anzusuchen, antwortet Frau B. folgendermaßen: „Wir wollten das ganze Projekt niederschwellig halten. Ein Verein hätte Verpflichtungen bedeutet und wir haben Angst gehabt, dass manche Frauen deshalb nicht mitmachen.“
Der Politikwissenschafter Hubert Sickinger, Experte für Parteienfinanzierung und Korruption, spricht von „Landesfürstentum und einem eigenartigen Verständnis von Transparenz“. Üblicherweise würden Förderungen nur für einen konkreten Zweck gewährt, es müsste eine Gegenleistung (Rechnung) nachgewiesen werden. In diesem Fall habe die Landesregierung Förderbeschlüsse ohne Nachweis gefasst. Es handle sich um das „Ansparen einer Subvention für einen ungewissen Zweck ohne klares Konzept“. Sickinger vermutet als Motiv: Pröll sollte in der Pension einen Topf haben, mit dem er weiter in der Öffentlichkeit als Gönner auftreten kann und dafür nicht beim Land betteln muss.
„Die Betroffenen haben ein Recht auf Datenschutz.“ Peter Kirchweger, Pröll-Sprecher