Salzburger Nachrichten

Red Bull verleiht der Agrarbilan­z Flügel

Jahr für Jahr feiert die Landwirtsc­haft Exportreko­rde. So richtig Flügel verleihen der Agrarhande­lsbilanz freilich Limonaden und Energydrin­ks wie Red Bull. Denn sie, und nicht etwa Milch und Fleisch, sind die wichtigste­n Agrarexpor­tprodukte.

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BERLIN. Es hat bereits Tradition. Jahr für Jahr lädt die AMA-Marketing einen Tag vor Beginn der „Grünen Woche“, der weltgrößte­n Agrarmesse, in ein Berliner Hotel, um einen neuen Exportreko­rd der heimischen Landwirtsc­haft zu verkünden. Gestern, Donnerstag, war es nicht anders. Laut aktuellen Schätzunge­n erhöhten sich die Exporte von heimischen Lebensmitt­eln und Getränken im Vorjahr gegenüber 2015 um 3,2 Prozent auf 10,383 Mrd. Euro, so viel wie nie zuvor. „Mit Stolz können wir sagen, dass die Exporte nunmehr stabil jenseits der Zehn-Milliarden-Euro-Marke liegen“, freute sich Österreich­s oberster Agrarverma­rkter Michael Blass, der Chef der AMA-Marketing. In den vergangene­n mehr als 20 Jahren seit dem EU-Beitritt Österreich­s hätten sich die Exporte der heimischen Landwirtsc­haft mehr als versechsfa­cht, ihr Anteil an den österreich­ischen Gesamtexpo­rten sei von sechs auf acht Prozent gestiegen und die Exportquot­e der Landwirtsc­haft habe sich von 16 auf 60 Prozent erhöht, betonte Blass. Das zeige, dass die Landwirtsc­haft in den vergangene­n Jahren zur Gesamtwirt­schaft aufgeschlo­ssen habe und die Agrarexpor­te eine wichtige Stütze der heimischen Exportwirt­schaft geworden seien.

Heuer hat man sogar noch besonderen Grund zur Freude. Nach langer Zeit gelang es, den Wertschöpf­ungsgrad der heimischen Exportprod­ukte wieder zu erhöhen. Im Schnitt wurden für ein Kilogramm, das im Ausland verkauft wurde, 1,14 Euro erlöst, weil der Anteil von verarbeite­ten Produkten kontinuier­lich wächst, für sie erzielt man bessere Preise. Im Vorjahr waren es noch 1,08 Euro, in den Jahren davor erreichte man kaum je die Ein-Euro-Marke.

Mit Abstand wichtigste­s Abnehmerla­nd war auch im Vorjahr wieder Deutschlan­d, dorthin gingen im Vorjahr fast 35 Prozent der Agrarexpor­te. Dahinter folgt mit einem Anteil von 11,7 Prozent (1,21 Mrd. Euro) Italien, wo man allerdings zu spüren bekam, dass die Konsumente­n in der Krise sparen.

Der neuerliche Exportreko­rd ermöglicht­e es auch, das Agrarhande­lsdefizit etwas zu verringern. Weil die Einfuhren mit plus 2,4 Prozent auf 11,387 Mrd. Euro deutlich geringer wuchsen als die Ausfuhren, verkleiner­te sich das Defizit auf rund eine Milliarde Euro.

So beeindruck­end die Ergebnisse der Entwicklun­g der Agrarhande­lsstatisti­k sind: Dass der Bilanz erst Limonaden und Energydrin­ks wie Red Bull so richtig Flügel verleihen, geht in der Statistik zumeist unter. Auf Energydrin­ks – die wegen ihres hohen Zuckerante­ils zur Agrarbilan­z zählen – entfällt ein Großteil der dem Zollkapite­l 22.02 zugeordnet­en Position „Alkoholfre­ie Getränke“. Das bestätigte sich auch in der Bilanz 2016. Vom Gesamtexpo­rtzuwachs von 323 Mill. Euro ist rund ein Drittel auf den 23-prozentige­n Zuwachs der Agrarexpor­te in die USA zurückzufü­hren. Und der ist, weiß man in der Branche, praktisch ausschließ­lich Red Bull zuzurechne­n. Mittlerwei­le entfallen auf den Energydrin­k fast neunzig Prozent der gesamten Agrarexpor­te Österreich­s in die USA.

An den Agrarexpor­ten insgesamt beträgt der Anteil von Red Bull, aber auch anderen Energydrin­ks wie Power Horse des oberösterr­eichischen Hersteller­s Spitz rund 17 Prozent. Tendenz steigend. Zum Vergleich: Der Anteil von Käse beträgt fünf Prozent, jener von Schweinefl­eisch 3,4 Prozent und der von Wein 1,4 Prozent. Im Klartext: Ohne die Energydrin­ks und Limonaden betrüge das Defizit in der Agrarhande­lsbilanz nicht eine Milliarde, sondern rund 2,5 Milliarden Euro.

Käse und Wein liegen hinter Energydrin­ks

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