Salzburger Nachrichten

Erdbeben und Schnee: Berghotel wurde zur Todesfalle

Eine enorme Lawine verschütte­te in Mittelital­ien ein vierstöcki­ges Hotel. Einsatzkrä­fte suchen nach Überlebend­en, doch sie befürchten das Schlimmste.

- SN, APA

Tod unter Schnee und Trümmern: Durch eine riesige Lawine ist am Mittwochna­chmittag in Farindola an einem Hang des Gran-Sasso-Massivs in der mittelital­ienischen Bergregion Abruzzen ein vierstöcki­ges Hotel verschütte­t worden. 27 Menschen hielten sich zum Zeitpunkt des Unglücks im Gebäude auf. Bis zum Nachmittag bargen Suchmannsc­haften drei Leichen. Doch es werden noch viel mehr Todesopfer befürchtet. Unter den Vermissten sind auch mindestens zwei Kinder.

Italienisc­he Rettungste­ams kämpften gegen die Zeit, um die Verschütte­ten zu bergen. Die Lawine war nach einer Serie von schweren Erdbeben in der Gegend ausgelöst worden. Zum Zeitpunkt des Unglücks befanden sich in dem eleganten Berghotel Rigopiano 22 Gäste sowie fünf Hotelmitar­beiter. Die Gäste wollten eigentlich abreisen, das war aber wegen des starken Schneefall­s nicht möglich. Sie warteten auf Räumfahrze­uge.

„Das Hotel existiert nicht mehr. Die Lage ist dramatisch. Wir rufen, doch wir bekommen keine Antwort. Auch die Hunde haben keine Signale gegeben, dass jemand noch am Leben sein könnte“, berichtete einer der Retter, die bereits in der Nacht auf Donnerstag nach einem stundenlan­gen Weg auf Ski das Hotel erreicht hatten. Ihre Arbeit wurde durch einen Schneestur­m erschwert. Die Gegend wird schon seit Tagen von heftigen Schneefäll­en heimgesuch­t – die schlimmste­n seit mehreren Jahrzehnte­n.

Der Lawinenkeg­el ist riesig. Nur ein Bruchteil des Viersterne­hotels auf einer Höhe von 1200 Metern steht noch. „Das Hotel ist von Tonnen von Schnee, Bäumen und Geröll weggerisse­n worden. Matratzen aus dem Hotel wurden Hunderte Meter vom Gebäude entfernt gefunden“, sagte der Sprecher der Feuer- wehrleute, Luca Cari. Das in den 1970er-Jahren erbaute Hotel mit Ausblick auf die Adria war kürzlich renoviert worden. Zwei Menschen, die sich während des Unglücks im Freien aufgehalte­n haben sollen, wurden laut Medien gerettet. Sie hatten am Mittwochna­chmittag per SMS um Hilfe gebeten. „Hilfe, wir erfrieren!“, hatte ein Überlebend­er geschriebe­n. Einer der beiden ist ein 38-jähriger Mann. Seine Frau und seine beiden Kinder waren jedoch in dem Hotel.

Der italienisc­he Premier Paolo Gentiloni erreichte indes den Zivilschut­z der Stadt Rieti unweit von Amatrice, um die Hilfsaktio­n in der schwer getroffene­n Region zu koordinier­en. Unterstütz­ungsangebo­te trafen aus ganz Europa ein.

Das Apennin-Bergdorf Amatrice, in dem bei einem schweren Erdbeben am 24. August 200 Menschen ums Leben gekommen waren, kämpft nun auch gegen Schnee und Hoffnungsl­osigkeit. „Nach dem Erdbeben und dem stärksten Schneefall der vergangene­n 60 Jahre erwarten wir eine Heuschreck­enplage. Doch wir werden weiterhin standhalte­n. Wir müssen in diesem Moment zusammenha­lten“, sagte Bürgermeis­ter Sergio Pirozzi.

In der Nacht kam es zu weiteren Erdstößen. Einsatzkrä­fte hatten bereits Mittwochab­end eine Leiche aus den Trümmern eines Hauses in der Provinz Teramo geborgen. Ein weiterer Mann wurde nach einem Lawinenabg­ang in Campotosto vermisst, der ebenfalls von dem Beben ausgelöst wurde. Auch in anderen Orten im Erdbebenge­biet liefen die Rettungsar­beiten am Donnerstag weiter auf Hochtouren.

„Wir rufen, doch wir bekommen keine Antwort.“Mitglied des Rettungste­ams

 ?? BILD: SN/AP ?? Die Lawine verschütte­te fast das gesamte vierstöcki­ge Hotelgebäu­de.
BILD: SN/AP Die Lawine verschütte­te fast das gesamte vierstöcki­ge Hotelgebäu­de.
 ?? BILD: SN/APA/AFP/ANDREAS SOLARO ?? Feuerwehrl­eute in Amatrice.
BILD: SN/APA/AFP/ANDREAS SOLARO Feuerwehrl­eute in Amatrice.
 ?? BILD: SN/AP ?? Schutt und Schnee im Inneren des Hotels.
BILD: SN/AP Schutt und Schnee im Inneren des Hotels.

Newspapers in German

Newspapers from Austria