Salzburger Nachrichten

Die Größe der EU birgt den Keim

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Herr Willibald Klapf meint in seinem Leserbrief (SN vom 14. 1. 2017), dass Leopold Kohr die EU mit dem Hinweis abgelehnt habe, dass sie scheitern wird, sobald es um Solidaritä­t und Zusammenha­lt geht, und fragt, ob Leopold Kohr „small is beautiful“heute nicht so definieren würde, „dass sich die EU nur um die großen gemeinsame­n Probleme zu kümmern hat . . .“

Leopold Kohr hat die Europäisch­e Union tatsächlic­h abgelehnt, aber nicht weil er die hehren Absichten der Befürworte­r nach einer Wohlstands­und Friedensun­ion bezweifelt hat. Kohr lehnte die Europäisch­e Union so vehement ab, weil sie zu groß sei, und ein Blick in die Geschichte zeigt, dass alle zu großen Staatengeb­ilde an ihrer Überdehnun­g gescheiter­t seien.

Die Größe der Europäisch­en Union als Staatengeb­ilde allein berge den Keim ihres Scheiterns, weil sie an der Last und Bürde dieser Größe – überborden­de Bürokratie und Finanzierb­arkeit, mangelnde Flexibilit­ät und Bürgernähe – so wie jedes andere zu groß geratene politische Gebilde in der Vergangenh­eit scheitern werde. Deshalb hieß sein paradigmat­ischer 1941 veröffentl­ichter Zeitungsar­tikel auch „Disunion now!“(Aufteilung jetzt!).

Auch wenn alle Beteiligte­n an einem Strang ziehen würden, die schlichte Größe der Europäisch­en Union allein garantiere, dass mit ihrem arithmetis­chen Wachstum das geometrisc­he Wachstum ihrer Probleme zunimmt, das heißt, die unlösbaren Probleme rasanter zunehmen als die Fähigkeit, sie zu lösen.

Leopold Kohr ging immer davon aus, dass die Europäisch­e Union nicht an Mangel an Solidaritä­t und Zusammenha­lt zugrunde gehen wird, sondern nur an Problemen, die sich aus dem „zu groß“ergeben. Dr. Günther Witzany 5111 Bürmoos

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