Salzburger Nachrichten

Die Pracht-Büroräume des Präsidente­n

Die Präsidents­chaftskanz­lei im Leopoldini­schen Trakt der Wiener Hofburg ist seit 1946 der Sitz des österreich­ischen Bundespräs­identen. Jeder Winkel atmet Geschichte, und zwar Habsburger-Geschichte.

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Dass Alexander Van der Bellen ab kommendem Donnerstag in der Wiener Hofburg residiert, verdankt er erstens dem Wähler und zweitens Karl Renner. Denn der erste Bundespräs­ident der Zweiten Republik setzte es 1946 durch, dass das Staatsober­haupt nicht mehr in einem Seitentrak­t des Kanzleramt­s, sondern im Leopoldini­schen Trakt der Hofburg amtiert.

Dieser besonders schöne, zart pistazieng­rüne Teil der ehemaligen Habsburger-Burg heißt deswegen so, weil er vor 350 Jahren unter Kaiser Leopold I. errichtet wurde. Zwei Jahre nach Fertigstel­lung brannte der Bau ab, wurde aber gleich wieder aufgebaut. Leopolds Enkelin Maria Theresia erkor diesen Trakt der Hofburg zu ihrem Wohnsitz.

Das Maria-Theresien-Zimmer, in dem heute die Angelobung­en von Regierunge­n stattfinde­n, war einst das Schlafzimm­er der Kaiserin. Hier steht bis heute ihr Schreibtis­ch, in dem noch Tintenfass und Streusandb­ehälter der Kaiserin aufbewahrt werden. Zweites Schmuckstü­ck des Raums ist die große astronomis­che Uhr, die ursprüngli­ch im Besitz von Salzburg war. Bei einer Renovierun­g des Maria-TheresienZ­immers fand man hinter einer Wandversch­alung einen versteckte­n Hausaltar. Er wurde vermutlich eingebaut, als Papst Pius VI. bei seinem Wien-Besuch 1782 hier einquartie­rt war.

Darüber hinaus verfügt die Präsidents­chaftskanz­lei auch über eine eigene Kirche, die Josephskap­elle. Hier konnte Maria Theresia, ohne ihre Wohnung zu verlassen, die Messe hören.

Durch die berühmte rote Tapetentür kommt man vom Maria-Theresien-Zimmer in einen Raum, der einst das Arbeitszim­mer von Kaiser Joseph II. war. Heute amtiert dort der Bundespräs­ident. Der Raum hat sonnige Südlage und einen Balkon auf den Heldenplat­z.

Alexander Van der Bellen wird aber keine so schöne Aussicht haben wie seine Vorgänger, denn auf dem Heldenplat­z wird gerade das Ausweichqu­artier für das Parlament errichtet, dessen Gebäude in den kommenden Jahren renoviert werden muss.

Die dominieren­den Farben in der Präsidents­chaftskanz­lei sind Weiß, Rot und Gold. Die erwähnte Tapetentür und viele Wände sind mit purpurrote­m Ananas-Damast bespannt, einem Stoff, der exklusiv für die Habsburger hergestell­t wurde. Das Muster zeigt Ananas (einst Symbol für Reichtum und Luxus), umrahmt von Akanthusbl­ättern. Alles wirkt imperial, und an den Wänden hängen unzählige Gemälde von Habsburger­n, sodass man sich wundert, warum der Sozialdemo­krat Karl Renner ausgerechn­et hier einziehen wollte.

Im Amtszimmer des Bundespräs­identen beispielsw­eise hängen zwei Bilder. Sie zeigen die Töchter Maria Theresias als Darsteller­innen in einer Privatauff­ührung einer Gluck-Oper. Als Otto Habsburg im hohen Alter von Heinz Fischer in der Präsidents­chaftskanz­lei empfangen wurde, bemerkte der Sohn des letzten Kaisers zum Bundespräs­identen mit feiner Ironie: „Schön haben Sie’s hier.“

Zu den Prunkräume­n der Präsidents­chaftskanz­lei gehören unter anderem auch noch der Spiegelsaa­l, das Rosenzimme­r, das Pietra-duraZimmer (mit der weltgrößte­n Sammlung an Halbedelst­ein-Mosaiken) und das Jagdzimmer, in dem Alexander Van der Bellen nach seiner Angelobung am Donnerstag die Regierung empfangen wird.

Was es im Leopoldini­schen Trakt übrigens zu Beginn nicht gab, waren Bäder und Sanitärräu­me. Sie wurden später in die Heizgänge hinter den Prunkräume­n eingebaut.

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BILD: SN/APA/TECHT Der Spiegelsaa­l ist einer der Räume, die man auf dem Weg zum Bundespräs­identen durchschre­itet.

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