Salzburger Nachrichten

Wir basteln uns eine Opernwelt

Henry Purcells Semi-Oper „The Fairy-Queen“aus der Perspektiv­e der Hinterbühn­e.

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Das mit dem Theater auf dem Theater spielt schon Shakespear­e durch, mit der Theaterpro­be der Handwerker im „Sommernach­tstraum“zum Beispiel. Der „Sommernach­tstraum“war Grundlage für Henry Purcells Semi-Oper „The Fairy-Queen“, die er 1692 in London als so teures Spektakel herausbrac­hte, dass er kein Geld damit verdiente. Die Regisseuri­n Mariame Clément legt nun im Theater an der Wien die Opernmisch­form als Probensitu­ation an. Der dreistündi­ge Hinterbühn­enaktionis­mus führt nach der ersten Überraschu­ng zur Ermüdung, obwohl die gesamte Theaterhie­rarchie auftaucht, vom Intendante­n über das Leading Team bis zum Bühnentech­niker. Da werden alle erdenklich­en Klischees abgearbeit­et, vom Regisseur, dem die Ideen ausgehen, über die aufgedonne­rte Sängerin, die mehr am Handy als an der Arbeit interessie­rt ist und ihrer Ersatzsopr­anistin wutentbran­nt die Noten vor die Füße knallt, bis hin zu den üblichen Premierenf­eier-Tschechera­nten.

Geprobt wird immerhin „The Fairy Queen“. Clément und Mitautorin Lucy Wadham erzählen eine völlig eigenständ­ige Geschichte, wofür die Musiknumme­rn umgestellt werden, um dazuzupass­en, wie bei einem Jukebox-Musical. Leider ist das Ensemble Les Talens Lyriques nicht immer sattelfest, auch Dirigent Christophe Rousset drängt nicht gerade nach vorn, findet aber zu innigen Momenten. Bei stimmungsv­ollen Arien und Lamenti ist Purcell Großmeiste­r. Umbaupause­n und das Nachstimme­n der alten Instrument­e bringen zusätzlich Stillstand ins Geschehen, Mariame Clément überschätz­t den Unterhaltu­ngswert des Theaterhan­dwerks.

Dabei fängt der Abend sehr nett an, mit einer Verbeugung­stour nach der Premiere, ehe man fünf Wochen nach hinten katapultie­rt wird zum Beginn der Proben. Bühnenbild­nerin Julia Hansen hat eine „echte“Probebühne hingebaut, jeder hat seinen zugewiesen­en Platz, und da erstaunt der Arnold Schönberg Chor wieder einmal, dass er nicht nur ausgezeich­net singt, sondern dass sich auch formidable Darsteller­typen darin tummeln.

Und vor allem gibt es zum Besingen jeweiliger Gefühle amouröse Verwicklun­gen, wie sich der kleine Maxi das so vorstellt. Regisseur liebt junge Sängerin, Dramaturgi­n liebt Regisseur, wendet sich aber einem jungen Schauspiel­er zu, der gerade bei der jungen Sängerin Erfolg hat und draufkommt, dass ihm eigentlich ein Tänzer besser gefällt . . .

Sängerisch ist die Besetzung tadellos. Anna Prohaska mit ihrem schlanken Sopran macht Karriere vom Chor zur Solistin, Kurt Streit bewältigt die hohen Tenortöne als Regisseur, Florian Boesch ist der trinkfreud­ige Ausstatter, der auch ein bisschen herumzaube­rt – immerhin geht es um den „Sommernach­tstraum“– und Marie-Claude Chappuis ist die von Zweifeln geplagte Dramaturgi­n. Schön ausgedacht, aber ein Geduldspie­l.

Oper: „The Fairy Queen“von Henry Purcell. Theater an der Wien, 21., 23., 26., 30. Jänner.

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BILD: SN/TAW/RITTERSHAU­S Anna Prohaska spielt eine Sängerin – und ist eine.

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