Salzburger Nachrichten

Bild und Facebook sowie Böcke und Gärtner

Im Windschatt­en der Aufregung um Trump bilden sich Allianzen von digitalen Netzwerken und Medienkonz­ernen.

- Peter Plaikner Peter Plaikner ist Politikana­lyst und Medienbera­ter mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.

„Bild“interviewt­e Donald Trump, und der Widerhall war gewaltig im europäisch­en Blätterwal­d. Der reichweite­nstärksten Zeitung des Abendlands gelang am Montag ein journalist­ischer Coup. „Bild“interviewt­e Sheryl Sandberg, und die Zitate aus diesem Gespräch darbten am Dienstag auf den hinteren Seiten der globalen Tagespress­e.

Nun ist der 45. Präsident der USA zwar eine schillernd­ere Figur als die Geschäftsf­ührerin von Facebook. Ob er unseren Alltag mehr beeinfluss­t als die laut „Forbes“siebtmächt­igste Frau der Welt sei aber angesichts von 1,8 Milliarden Nutzern des digitalen Netzwerkes dahingeste­llt. Vor allem ihre Aussagen zu Falschmeld­ungen, den Fake News, sind bemerkensw­ert.

Sandberg will sich einerseits auch künftig nicht ums Löschen unwahrer Behauptung­en kümmern, anderersei­ts aber Verantwort­ung übernehmen. Ihr Schlüssel dazu ist die Zusammenar­beit mit externen Experten, vor allem Journalist­en. Sie sagt: „Wir wollen nicht entscheide­n, was die Wahrheit ist“, denn, „wir schreiben keine Artikel. Wir bearbeiten keine Artikel.“Dabei fallen zwei Aspekte auf: Zum einen erklärt sie das ausgerechn­et „Bild“, dem größten Boulevardb­latt des Kontinents. Zum anderen nimmt dessen Eigentümer umgehend den Ball auf. Mathias Döpfner, Chef des AxelSpring­er-Verlags sagt, erst wenn Facebook einen Chefredakt­eur einstelle, wäre das der Startschus­s zur Gegenwehr: „Verlage sind dafür verantwort­lich, dass die Wahrheit berichtet wird. Facebook verteilt sie nur.“

Die beiden, die behaupten, Verantwort­ung zu übernehmen, wollen noch mehr ihre Macht festigen und Status gewinnen. Sie hintertrei­ben politische Absichten, Facebook ins Medienrech­t einzubinde­n – es also auch für Inhalte seiner Nutzer geradesteh­en zu lassen. Und sie betreiben den Aufstieg vom Saulus zum Paulus: Der amerikanis­che Falschmeld­ungsverbre­i- ter und der deutsche Boulevardb­esorger üben den Paarlauf zur medialen Führungsma­cht, während die Bannerträg­er des Qualitätsj­ournalismu­s ihre Bedenken sortieren. Es geht immerhin um einen demokratie­politisch entscheide­nden Balanceakt zwischen Rede- wie Pressefrei­heit und Selbstkont­rolle bis Zensur.

Hier Inhaltshüt­er Medien, dort Vertriebsk­anal Netzwerk. Klingt bestechend logisch, ist aber brandgefäh­rlich, weil es nicht gleiche Voraussetz­ungen für alle schafft, sondern vereinte Böcke auch leichter zu Gärtnern macht. Die Strategie von Sandberg und Döpfner hat dennoch große Chancen. Politik ist zu träge und Medien sind zu uneins, um kurz entschloss­ene Branchenfü­hrer aufzuhalte­n. Wenn diese sich arrangiere­n, schaffen sie Tatsachen. Die Welt verändert sich auch im Schatten von Trump.

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