Salzburger Nachrichten

Mexiko lieferte Drogenboss „El Chapo“aus

Überstellu­ng wird als Opfergabe interpreti­ert, um US-Präsident Trump gnädig zu stimmen.

- SN, dpa

Trump hat Mexikaner als Drogenhänd­ler beschimpft – jetzt serviert ihm das geschmähte Nachbarlan­d zum Amtsantrit­t den wohl größten seiner Zunft auf dem Silbertabl­ett. Joaquín Guzmán Loera – genannt „El Chapo“, der Kurze – war einst der mächtigste Drogenboss der Welt. Sein Sinaloa-Kartell überschwem­mte die USA mit Drogen und löste in Mexiko Angst und Schrecken aus. Ihm soll in den USA der Prozess gemacht werden.

Die Auslieferu­ng von Joaquín Guzmán Loera an die USA sei „ein Beweis für den Dialog und die Zusammenar­beit zwischen beiden Nationen“, schrieb der Chef der mexikanisc­hen Regierungs­partei PRI, Enrique Ochoa Reza, auf Twitter. Der Kolumnist Salvador García kritisiert­e die Auslieferu­ng in der Zeitung „El Universal“als Geste der Unterwerfu­ng. Die Überstellu­ng von „El Chapo“sei eine Opfergabe, mit der Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto versuche, Trump gnädig zu stimmen, schrieb García. Das habe aber schon bei Montezuma und den Spaniern nicht funktionie­rt. Die mexikanisc­hen Behörden wiesen diese Interpreta­tion zurück. „Es gibt keine besondere Motivation für die Entscheidu­ng zu einer Auslieferu­ng von ,El Chapo‘“, sagte Alberto Elías Beltrán von der Generalsta­atsanwalts­chaft. Die Auslieferu­ng sei das Ergebnis eines normalen juristisch­en Verfahrens.

Mit der Auslieferu­ng des Drogenboss­es geht eine Ära zu Ende. Jahrzehnte­lang dominierte er die lateinamer­ikanische Unterwelt. Guzmán schmuggelt­e tonnenweis­e Kokain und Heroin in die USA und verdiente Millionen. Er soll für bis zu 3000 Morde verantwort­lich sein. „Es ist das Ende der kriminelle­n Karriere von Joaquín Guzmán“, schrieb Sicherheit­sexperte Alejandro Hope in „El Universal“. „Von einem mexikanisc­hen Gefängnis aus konnte er sein illegales Imperium weiter kontrollie­ren. In einem USGefängni­s wird er einfach nur ein alter, trauriger Häftling sein.“

Um die Nachfolge von „El Chapo“dürften seine Söhne Alfredo und Iván Archivaldo sowie sein Bruder Aureliano streiten. Zudem ist da noch Ismael Zambada García, Guzmáns langjährig­er Kompagnon. Zuletzt hatten spektakulä­re Festnahmen mächtiger Kartellbos­se in Mexiko eine Welle der Gewalt nach sich gezogen.

Nach Einschätzu­ng von Sicherheit­sexpertin Anabel Hernández findet in Mexikos Unterwelt gerade ein Generation­swechsel statt. „Für die Kartelle arbeiten jetzt Leute mit akademisch­er Ausbildung, sie sind unauffälli­g und bewegen sich im Schatten der Straflosig­keit und Korruption“, sagt sie.

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BILD: SN/AFP „El Chapo“Joaquín Guzmán.

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