Wirbel um verschärfte Kontrollen
Erwachsenenbildner wehren sich gegen „überbordende Bürokratie“.
SALZBURG. Bei den Anbietern von Erwachsenenbildung gehen die Wogen hoch. „Wir müssen jetzt 50 Prozent unserer Zeit dafür aufwenden, um Listen zu erstellen, Nachweise zu erbringen und Beweise zu sichern“, heißt es. Wer die Vorgaben nicht auf Punkt und Beistrich erfülle, dem drohten Förderungsentzug und die Verpflichtung, schon bezogene Gelder zurückzuzahlen. Hintergrund ist, dass der Bund die Kontrollen für jene Einrichtungen verschärft hat, die Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) erhalten.
Günter Kotrba, Direktor der Volkshochschule: „Es ist ein Wahnsinn, was die Prüfbehörde den Einrichtungen jetzt abverlangt. Der bürokratische Aufwand ist riesengroß.“
Betroffen sind nicht nur große Anbieter wie Volkshochschule (VHS) und Berufsförderungsinstitut (bfi), sondern auch kleine Vereine. Sie alle bieten Kurse an, um sozial benachteiligte Personen für den Arbeitsmarkt fit zu machen.
Brigitte Bauer vom Verein ABC berichtet von einer Vorgabe, um die Notwendigkeit einer Taxifahrt vom Bahnhof zur Volkshochschule in Innsbruck zu belegen. Hintergrund war eine Schulung. „Wir wurden angehalten, die Koffer beim Einsteigen in das Taxi zu fotografieren und auch ein Foto zu liefern, das zeigt, was in den Koffern war – kiloweise Schulungsunterlagen.“Und das alles wegen einer Taxirechnung über sieben Euro.
„Das ist kafkaesk. Wir werden jetzt in einem unverständlichen und zeitraubenden Ausmaß mit neuen Abrechnungsinformationen, Abrechnungsanforderungen und Dokumentationsvorgaben überhäuft, wodurch nachhaltiges und qualitätsvolles Ar- beiten im Sinne der Ziele des Europäischen Sozialfonds nahezu verunmöglicht wird.“
Bauer und ihre Kolleginnen und Kollegen beschäftigen sich derzeit mit dem Handbuch für First Level Control (101 Seiten), dem Einschulungsmaterial (66 Seiten) und der Liste der zuschussfähigen Kosten (35 Seiten).
Bauer hat sich ihren Unmut in einem Protestschreiben von der Seele geschrieben. Die Adressatenliste ist lang. Sie reicht von Bundeskanzler Christian Kern bis zu Landesrätin Martina Berthold.
Werner Pichler, bfi-Geschäftsführer und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Salzburger Erwachsenenbildung: „Die Anforderungen sind für Anbieter existenzbedrohend, die sehr viele Projekte über den Europäischen Sozialfonds abwickeln.“
Bei allem Verständnis dafür, dass genau kontrolliert werden müsse: Das, was jetzt verlangt werde, gehe viel zu weit, sagt Pichler. Er will jetzt einen Protestbrief an Sozialminister Alois Stöger und Bildungsministerin Sonja Hammerschmid schreiben.
„Die Anforderungen sind für manche Einrichtung existenzbedrohend.“