Der Schatz im Speicherteich
Wie sicher ist eigentlich sicher? Nicht nur, wenn es sich um Schneesicherheit für Skipisten handelt. Die Frage stellt sich auch im Zusammenhang mit den Speicherteichen. 116 davon gibt es in Salzburg. So viele wie sonst nirgends in Österreich.
Die ZAMG hat alles genau notiert. Hinter den vier Buchstaben steckt der Begriff „Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik“. 2016 wurden mit dem Stationsnetz des Österreichischen Erdbebendienstes der ZAMG weltweit rund 10.000 seismische Ereignisse registriert. Also Erdbeben. Das Jahr 2016 brachte vor allem auch in Österreich relativ viele Erdbeben, die von der Bevölkerung gespürt wurden. „Wir haben zu 70 davon Rückmeldungen aus der Bevölkerung bekommen, 61 hatten das Epizentrum in Österreich“, sagt Seismologe Helmut Hausmann.
Und: „Das ist deutlich über dem Durchschnitt der letzten 16 Jahre mit etwa 46 verspürten Beben pro Jahr.“Die mit Abstand meisten gefühlten Erdbeben, exakt 24, ereigneten sich laut ZAMG in Tirol. Und was hat das mit Speicherteichen für die Beschneiung zu tun?
Nun, es geht um die Frage der Sicherheit. Und Teiche droben auf den Bergen, mit 100.000 Kubikmetern Wasserinhalt und mehr, können auch eine Gefahr darstellen.
Ist das bei Erdbeben so? Wir fragen einen Experten, Theodor Steidl. Er leitet das Referat Allgemeine Wasserwirtschaft beim Land Salzburg und ist mit seinem Team unmittelbar mit der Sachlage befasst. Er beruhigt: „Die Sicherheit der Speicherteiche ist auf die Last eines Erdbebens ausgelegt.“Das fließe schon zu Beginn in die Berechnung der Standortsicherheit ein. Bisher war Usus, dass Liftunternehmen in der Regel eine Dammhöhe von 14,80 Metern bei der Planung der Teiche vorsahen. Dann genügte ein übliches Wasserrechtsverfahren. Ab 15 Metern trat/tritt die Staubeckenkommission des Ministeriums für ein lebenswertes Österreich auf den Plan. Was den Ablauf eines Verfahrens nicht einfacher macht. Dem wollten viele aus dem Weg gehen und haben die Dammkrone unter 15 Metern belassen.
Das hat sich geändert. Neue Anlagen werden größer ausgelegt. 100.000 Kubikmeter Wasserinhalt sind heute fast Norm. Es geht den Seilbahngesellschaften darum, das Ergebnis der wenigen Tage, die zu Saisonbeginn zur Grundbeschneiung zur Verfügung stehen, zu optimieren. Der Tourismusriese Saalbach-Hinterglemm etwa ist in der Lage, den Skicircus innerhalb dreier Tage mit 30 Zentimetern Kunstschnee zu belegen. Da reden wir in Summe von 240 Kilometern Piste.
Die Vorratshaltung des Wassers für die Beschneiung in diesen Teichen hat sich für die Branche als elementar erwiesen. So wird Wasser geradezu ein Schatz, der in alpinen Teichen gelagert ist.
Die Unwägbarkeiten der letzten Jahre lassen die Branche nicht ruhen. Die Kapazität der Druckrohre wird verbessert. Der Ausstoß der Schneekanonen ebenso. Vor allem gibt es auch Pläne für zehn neue Teiche, Steidl, der Fachmann, weiß: „Standorte sind dünn gesät. Die Frage lautet: Wo ist der Untergrund gut, wo kann ein Teich geologisch stehen? Wo ist der Standort naturschutzrechtlich außerhalb jeder Problemzone?“Befüllt werden muss so ein Teich jeweils bis 30. Juni. Und zwar mit Schmelzwasser. Oder über ein Fließgewässer.
Aktuell beschäftigt sind die Seilbahnunternehmen derzeit mit der – Achtung, jetzt wird’s technisch – Störfallinformationsverordnung.
Mit anderen Worten: Es muss für jeden bestehenden und geplanten Speicherteich eine Art Katastrophenplan erstellt werden. Inhalt: Wie ist anhand eines genauen Ablaufplans zu reagieren, wenn ein Alarm ausgelöst wird? Denn dann geht auch die Sirene der Feuerwehr los. Um die Bevölkerung aufmerksam zu machen. Freilich, es gibt, vorgeschaltet, eine ganze Reihe von Sicherheitssystemen, die den Betriebsleiter auf Veränderungen hinweisen. Steidl erklärt: „Im gesamten Bauwerk sind Mess-, Überwachungsund Sicherheitssysteme installiert. Der Wasserspiegel des Teichs wird per Drucksonde überwacht. Atypische Vorgänge lösen sofort eine ganze Kette an Informationen aus, die, sofort losgeschickt, automatisch bei sogenannten Beckenverantwortlichen landen. Der muss sich, bevor er diese Aufgabe übernimmt, speziellen Schulungen und Prüfungen unterziehen.“Regelmäßige Begehungen der Staubecken seien zudem verpflichtend.
Hochwasserentlastungen würden selbst bei extremsten Niederschlagsereignissen dafür sorgen, dass die Dammkrone nicht überströmt werden könne. Steidl: „Und prinzipiell gilt: Jeder Teich muss binnen dreier Tage gefahrlos entleert werden können.“Und wie ist das bei einem Flugzeugabsturz? Bricht da der Damm? „Eine kleine Cessna ist sicher kein Problem.“
Zwei Jahre Vorlaufzeit brauche es ab Festlegung auf den Standort „locker“, bis ein Verfahren fertig sei. Von Anfang an müsse die Sicherheit des Standorts erwiesen sein. Und was ist mit „Bewohnern“? Lurchen, Molchen – gar Fischen, die „einziehen“?
„Fischeier werden immer wieder im Vogelkot transportiert. Darum gibt es wirklich in machen Teichen Fische. Die Entnahmemenge von 100 Litern pro Sekunde beim Beschneien führt aber zu keinem Sog. Die Tiere kommen nicht um.“
„Sicherheit ist auf Erdbeben ausgelegt.“Theo Steidl, Wasserexperte