Der Welt ist zu wünschen, dass das gut geht
Donald Trump, der neue Präsident Amerikas, ist ein Antipolitiker, der vor einer gewaltigen Lernkurve steht.
Die Devise lautet: „America first“
Mit Donald Trump führt jetzt ein Geschäftsmann ohne politische Erfahrung das global noch immer mächtigste Land. Trump ist nicht Ronald Reagan, denn dieser Quereinsteiger hatte, bevor er Präsident wurde, acht Jahre lang den auch wirtschaftlich bedeutenden Bundesstaat Kalifornien regiert. Er hatte einen Beraterkreis um sich geschart, der ihm dabei half, das schwierige Amt im Weißen Haus auszuüben. Trump aber bildet eine Regierung, in der Stimmengewirr herrscht. Er tritt als Egomane auf, der gottgleich verkündet, dass er allein wisse, was zum Wohle Amerikas und der Welt sei.
In seiner Rede zur Amtseinführung spricht Trump am Freitagabend noch immer wie ein Wahlkämpfer. Er zeichnet ein düsteres Bild des Landes und ist – untypisch für Amerika – ohne Optimismus.
Trump will künftig das ökonomische Denken samt Kosten-NutzenRechnung auf die Politik übertragen. Deals sollen geschlossen werden, bei denen für die eigene Seite möglichst viel herauskommt. Wenig zählt das übliche Geschäft der Politik, das Ringen um Kompromisse und die Suche nach Konsens. So hat dieser Mann bisher wenig Verständnis für den Wert von Bündnissen wie der NATO, die Amerika und Europa verbindet, oder der EU, die unserem Kontinent seit Jahrzehnten friedlichen Ausgleich sichert.
Unter Trump scheint Amerika Abschied nehmen zu wollen von der Weltordnung, die es nach 1945 selbst aufgebaut hat – mit UNO, NATO und einem liberalen Handelssystem. Tatsächlich haben die USA und ihre Alliierten diese Weltordnung schon vor Trump ins Wanken gebracht. Mit einer Globalisierung, die tiefe Gräben zwischen Gewinnern und Verlierern aufgerissen hat. Mit Maßnahmen einer Deregulierung und Exzessen des amerikanischen Kapitalismus, welche die Weltfinanzen zerrüttet haben. Mit einer immer weiter getriebenen Ausdehnung unserer Bündnisse, durch welche die EU in eine existenzielle Krise gestürzt ist und die NATO neue Konfliktlinien zum alten Gegner Russland gezogen hat. Mit militärischen Interventionen der USA, die keineswegs im Einklang mit internationalen Normen gewesen sind und gerade keine Ordnung geschaffen haben, sondern im Gegenteil maßgeblich dazu beigetragen haben, dass die nahöstliche Staatenwelt zerstört wird.
Es trifft nicht zu, dass vor Trump noch alles in Ordnung gewesen sei, in Amerika und weltweit. Es gibt vielmehr Grund genug für eine kritische Selbstreflexion und eine politische Kurskorrektur des Westens. Allerdings muss man fragen, ob sich der nötige Wandel dadurch herbeiführen lässt, dass man die schwankenden Fundamente der Weltordnung sprengt, wie es Trump mutmaßlich tun möchte.
Der neue US-Präsident rückt das nationale Interesse seines Landes an die erste Stelle („America first“). Das passt aber nicht in eine Welt, die etwa dank Digitalisierung immer stärker vernetzt ist; die für die Lösung grenzüberschreitender Probleme vom Klimawandel bis zu Flüchtlingsströmen mehr multilaterales Handeln denn je braucht.
Der neue US-Präsident baut an einer „Festung Amerika“. Doch wenn die Vereinigten Staaten sich durch Handelsbarrieren abschotten, werden die anderen Weltmarkt-Teilnehmer mit ähnlichen Maßnahmen reagieren. Dann drohen Handelskriege – mit Wirtschaftseinbußen und Arbeitsplatzverlusten, auch für Amerika.
Der neue US-Präsident will vor allem Jobs schaffen und in die Erneuerung der Infrastruktur investieren. Er will auch die Steuern für Reiche senken und zugleich die Ausgaben für die Streitkräfte steigern, um dem Vormarsch Chinas im asiatisch-pazifischen Raum Paroli zu bieten. Das wird, wie einst unter Reagan, die Verschuldung der USA in die Höhe treiben. Der Unterschied ist nur, dass Amerikas Schuldenberg heute weitaus größer ist als vor dreieinhalb Jahrzehnten.
Der neue US-Präsident will, dass Amerika weniger den Weltpolizisten spielt und die Verbündeten mehr Verantwortung übernehmen. Trump muss freilich in der multipolaren Welt befürchten, dass andere Akteure das Vakuum füllen werden, das die USA als sich zurückziehende Ordnungsmacht hinterlassen. HELMUT.MUELLER@SALZBURG.COM