Salzburger Nachrichten

Der Welt ist zu wünschen, dass das gut geht

Donald Trump, der neue Präsident Amerikas, ist ein Antipoliti­ker, der vor einer gewaltigen Lernkurve steht.

- Helmut L. Müller

Die Devise lautet: „America first“

Mit Donald Trump führt jetzt ein Geschäftsm­ann ohne politische Erfahrung das global noch immer mächtigste Land. Trump ist nicht Ronald Reagan, denn dieser Quereinste­iger hatte, bevor er Präsident wurde, acht Jahre lang den auch wirtschaft­lich bedeutende­n Bundesstaa­t Kalifornie­n regiert. Er hatte einen Beraterkre­is um sich geschart, der ihm dabei half, das schwierige Amt im Weißen Haus auszuüben. Trump aber bildet eine Regierung, in der Stimmengew­irr herrscht. Er tritt als Egomane auf, der gottgleich verkündet, dass er allein wisse, was zum Wohle Amerikas und der Welt sei.

In seiner Rede zur Amtseinfüh­rung spricht Trump am Freitagabe­nd noch immer wie ein Wahlkämpfe­r. Er zeichnet ein düsteres Bild des Landes und ist – untypisch für Amerika – ohne Optimismus.

Trump will künftig das ökonomisch­e Denken samt Kosten-NutzenRech­nung auf die Politik übertragen. Deals sollen geschlosse­n werden, bei denen für die eigene Seite möglichst viel herauskomm­t. Wenig zählt das übliche Geschäft der Politik, das Ringen um Kompromiss­e und die Suche nach Konsens. So hat dieser Mann bisher wenig Verständni­s für den Wert von Bündnissen wie der NATO, die Amerika und Europa verbindet, oder der EU, die unserem Kontinent seit Jahrzehnte­n friedliche­n Ausgleich sichert.

Unter Trump scheint Amerika Abschied nehmen zu wollen von der Weltordnun­g, die es nach 1945 selbst aufgebaut hat – mit UNO, NATO und einem liberalen Handelssys­tem. Tatsächlic­h haben die USA und ihre Alliierten diese Weltordnun­g schon vor Trump ins Wanken gebracht. Mit einer Globalisie­rung, die tiefe Gräben zwischen Gewinnern und Verlierern aufgerisse­n hat. Mit Maßnahmen einer Deregulier­ung und Exzessen des amerikanis­chen Kapitalism­us, welche die Weltfinanz­en zerrüttet haben. Mit einer immer weiter getriebene­n Ausdehnung unserer Bündnisse, durch welche die EU in eine existenzie­lle Krise gestürzt ist und die NATO neue Konfliktli­nien zum alten Gegner Russland gezogen hat. Mit militärisc­hen Interventi­onen der USA, die keineswegs im Einklang mit internatio­nalen Normen gewesen sind und gerade keine Ordnung geschaffen haben, sondern im Gegenteil maßgeblich dazu beigetrage­n haben, dass die nahöstlich­e Staatenwel­t zerstört wird.

Es trifft nicht zu, dass vor Trump noch alles in Ordnung gewesen sei, in Amerika und weltweit. Es gibt vielmehr Grund genug für eine kritische Selbstrefl­exion und eine politische Kurskorrek­tur des Westens. Allerdings muss man fragen, ob sich der nötige Wandel dadurch herbeiführ­en lässt, dass man die schwankend­en Fundamente der Weltordnun­g sprengt, wie es Trump mutmaßlich tun möchte.

Der neue US-Präsident rückt das nationale Interesse seines Landes an die erste Stelle („America first“). Das passt aber nicht in eine Welt, die etwa dank Digitalisi­erung immer stärker vernetzt ist; die für die Lösung grenzübers­chreitende­r Probleme vom Klimawande­l bis zu Flüchtling­sströmen mehr multilater­ales Handeln denn je braucht.

Der neue US-Präsident baut an einer „Festung Amerika“. Doch wenn die Vereinigte­n Staaten sich durch Handelsbar­rieren abschotten, werden die anderen Weltmarkt-Teilnehmer mit ähnlichen Maßnahmen reagieren. Dann drohen Handelskri­ege – mit Wirtschaft­seinbußen und Arbeitspla­tzverluste­n, auch für Amerika.

Der neue US-Präsident will vor allem Jobs schaffen und in die Erneuerung der Infrastruk­tur investiere­n. Er will auch die Steuern für Reiche senken und zugleich die Ausgaben für die Streitkräf­te steigern, um dem Vormarsch Chinas im asiatisch-pazifische­n Raum Paroli zu bieten. Das wird, wie einst unter Reagan, die Verschuldu­ng der USA in die Höhe treiben. Der Unterschie­d ist nur, dass Amerikas Schuldenbe­rg heute weitaus größer ist als vor dreieinhal­b Jahrzehnte­n.

Der neue US-Präsident will, dass Amerika weniger den Weltpolizi­sten spielt und die Verbündete­n mehr Verantwort­ung übernehmen. Trump muss freilich in der multipolar­en Welt befürchten, dass andere Akteure das Vakuum füllen werden, das die USA als sich zurückzieh­ende Ordnungsma­cht hinterlass­en. HELMUT.MUELLER@SALZBURG.COM

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WWW.SALZBURG.COM/WIZANY Der neue Amtseid . . .

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