Salzburger Nachrichten

„Ich hielt mir die Nase zu und wählte ihn“

Farmer Jerry Terjeson hat keine Ahnung, wie Trump die USA verändern wird. Klar ist nur, dass sich etwas ändern wird. Und das genügt ihm.

- GUDRUN DORINGER

Jerry Terjeson (65) ist Farmer im USBundesst­aat Oregon. Freitagmor­gen war er beim Friseur. Irgendwie passend, findet er. Veränderun­g muss her – im Spiegel, in der Politik und was das Image der USA in der Welt betrifft.

SN: Was wird sich mit dem neuen US-Präsidente­n Donald Trump ändern?

Jerry Terjeson: Das ist die Frage. Ich glaube, die Leute sehnen sich nach mehr Berechenba­rkeit und mehr Ehrlichkei­t in der Politik. Sie wollen, dass die Grenzen kontrollie­rt werden, dass wir das in den Griff bekommen. Damit meine ich nicht, sie zu schließen.

SN: Trump will aber eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen.

Ich bin nicht gegen die Mauer, ich bin für kontrollie­rte Zuwanderun­g. Unser Land wurde von Einwandere­rn errichtet. Wir sind alle Einwandere­r in Amerika. Meine Großmutter kam über Ellis Island in die USA, als sie 15 Jahre alt war. Es gab auch damals schon einen Prozess, um die Erlaubnis zu bekommen, einzuwande­rn. Das ist der Punkt. Wir brauchen Einwandere­r. Wir haben viel Landwirtsc­haft und hängen gerade da viel von den Arbeitern aus dem Ausland ab. Sie arbeiten auf dem Feld und verrichten Arbeiten, die viele Amerikaner schlicht nicht machen. Es ist schwere Arbeit und sie wird meist nicht gut bezahlt. Die meisten Feldarbeit­er kommen aus Mexiko. Sie sind harte Arbeiter und sehr gut in dem, was sie tun. Die Landwirtsc­haft würde darunter leiden, wenn sie fernbliebe­n.

SN: Trump hat aber just die Mexikaner schwer beleidigt im Wahlkampf. Und nicht nur sie. Auch Frauen. Auch Menschen mit Behinderun­g. Die Liste ist lang.Wie kann er Präsident für alle werden?

Manchmal wäre es besser, er würde den Mund halten. Da stimme ich zu. Ich bin nicht mit allem einverstan­den, was er gesagt hat. Im Fall der Mexikaner ist es eine Minderheit, die Probleme macht. Das ist doch überall so.

SN: Warum haben Sie ihn dann gewählt?

Ich wollte meine Stimme nicht Hillary Clinton geben. Nicht weil sie eine Frau ist, das möchte ich klarstelle­n. Ich habe kein Problem mit einer Frau als Präsidenti­n. Aber ich traue Hillary Clinton nicht. Also habe ich mir die Nase zugehalten und Trump gewählt. Ich bin auch von Trump nicht überzeugt, aber er war das kleinere Übel. Wir brauchen wirklich Veränderun­g in unserer Regierung. Die, die bisher an den Hebeln saßen, sind weit von der Wirklichke­it entfernt. Wenn sie Gesetze machen, spüren sie die Konsequenz­en nicht, weil sie nicht so leben wie der Rest Amerikas.

SN: Das tut Donald Trump aber doch auch nicht.

Aber er ist ein Geschäftsm­ann. Ein sehr smarter Geschäftsm­ann. Und vielleicht brauchen wir das jetzt mehr als einen Politiker. Vielleicht sollte man das Land wie ein Business führen. Er soll die Korruption beseitigen. Und er scheut sich defi- nitiv nicht, zu sagen, was er denkt. Manchmal sagt er Dinge, bevor er denkt. Vielleicht, um zu schockiere­n. Es werden interessan­te vier Jahre. Was mir Sorgen macht, ist, dass er unsere Verbündete­n vor den Kopf stößt. Wie Deutschlan­d zum Beispiel. Oder Israel. Das sind befreundet­e Länder.

SN: Bisher war Trump nicht sehr deutlich, wie er seine Außenpolit­ik gestalten will.

Er war nicht sehr deutlich, was viele Themen betrifft. Er hat sich auch öfters widersproc­hen. Ich glaube nicht, dass irgendjema­nd weiß, was zu erwarten ist. Der Grund, warum er gewonnen hat, ist, dass Amerika sich Veränderun­g wünscht. Mit den bisherigen Kandidaten hätten wir mehr vom Gleichen bekommen.

SN: Was konkret soll sich ändern, wenn es nach Ihnen geht?

Die Wirtschaft. Die Diplomatie. Wir geben einen Haufen Geld für andere Länder aus und kriegen nichts zurück, außer, dass schlecht über uns geredet wird. Ich möchte auch nicht, dass wir uns isolieren. Das würde den USA nicht guttun. Aber wir haben so viele Leute im eigenen Land, die in Armut leben. Und trotzdem pumpen wir sehr viel Geld in andere Länder, die uns dann beschimpfe­n. Wieso akzeptiere­n sie dann unser Geld?

SN: Diese Wahl war sehr emotional und hat das Land gespalten, manchmal auch Familien. Wie war das bei Ihnen?

Meine Tochter hat Hillary gewählt. Wir reden in der Familie nicht viel über Politik, das muss jeder mit sich ausmachen. Aber es stimmt, diese Wahl hat gespalten. Ich hoffe, dass Trump versucht, die Leute zu einen. Bis jetzt sieht es leider nicht danach aus.

Jerry Terjeson (65) ist pensionier­ter Landwirt in Helix/Oregon. Früher baute er Weizen an, jetzt verpachtet er sein Land. Eigentlich ist er eingetrage­ner Demokrat.

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BILD: SN//PRIVAT Jerry Terjeson

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