Salzburger Nachrichten

Wurde Terrorverd­ächtiger im Gefängnis radikalisi­ert?

Seit Jahren warnen islamische Gefängniss­eelsorger in Österreich vor der Radikalisi­erung in den Haftanstal­ten. Mit besserer Unterstütz­ung könnte man viel bewegen.

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Jener knapp 18-jährige Österreich­er, der am Freitagabe­nd wegen Terrorverd­achts festgenomm­en wurde, könnte sich im Gefängnis radikalisi­ert haben. Es wäre nicht der erste Fall in Österreich. Fehlende Perspektiv­en, Diskrimini­erungserfa­hrungen oder der falsche Freundeskr­eis: Das sind nur einige Faktoren, warum sich Häftlinge radikalisi­eren. Seit Jahren warnen islamische Gefängniss­eelsorger vor dem Problem. Es sei zwar derzeit eine Randersche­inung, sagt Imam Ramazan Demir. „Das kann sich aber verstärken.“Ramazan Demir leitet die Islamische Gefängniss­eelsorge in Österreich. Mit ihm sind 46 ehrenamtli­che Mitarbeite­r im Einsatz – für rund 1800 muslimisch­e Häftlinge. Zeit und Geld sind knapp. Oft seien Besuche nur ein bis zwei Stunden pro Woche oder gar im Monat möglich. „So kann das nicht weitergehe­n. Wir wollen mitarbeite­n und mit dem Staat kooperiere­n.“Demir fordert sieben hauptamtli­che Seelsorger, zumindest in den größten Justizanst­alten. 350.000 Euro pro Jahr wären dafür notwendig. Mit So- zialarbeit­ern und Psychologe­n könne man gemeinsam viel bewegen.

Die Polizei in Deutschlan­d nahm indessen einen mutmaßlich­en Komplizen des 17-Jährigen fest. Der Mann soll einen Bombenansc­hlag auf Polizisten und Bundeswehr­soldaten geplant haben. Die beiden sollen in engem Kontakt gestanden sein.

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