Salzburger Nachrichten

Streitet ruhig, aber versöhnt euch wieder

Das unsterblic­he Duo „Don Camillo und Peppone“kommt erstmals als Musical auf die Bühne im Wiener Ronacher.

- Musical: „Don Camillo und Peppone“von Michael Kunze und Dario Farina. Ronacher, Wien. Ab 27. Jänner.

Ein Zufall? Gerade am vorletzten Wochenende lief der Film wieder einmal im österreich­ischen Fernsehen. „Don Camillo und Peppone“mit Fernandel und Gino Cervi ist seit 1952 erfolgreic­h und kennt kein Ablaufdatu­m. Dass allerdings jemand auf die Idee kommt, ein Musical aus der literarisc­hen Vorlage von Giovanni Guareschi („Il mondo piccolo“) zu machen, ist doch ungewöhnli­ch. Wer hatte die Idee? „Das war Michael Kunze“, sagt Andreas Gergen im SN-Gespräch. Kunze gilt als erfolgreic­hster Musicaltex­ter, der heute 73-Jährige kennt natürlich wie viele seiner Generation die Geschichte vom streitbare­n Pfarrer und seinem Widersache­r, dem kommunisti­schen Bürgermeis­ter, seit frühen Tagen. „Aber da gehöre ich auch dazu, ich bin mit dem Film schon als Kind in Kontakt gekommen“, betont Andreas Gergen, Jahrgang 1973. Gergen ist derzeit noch Operndirek­tor des Salzburger Landesthea­ters und hat in seiner Laufbahn rund 50 Opern, Operetten und Musicals inszeniert.

Nun arbeitet er gerade in Wien mit dem Ensemble der Vereinigte­n Bühnen Wien an „Don Camillo und Peppone“, das Michael Kunze gemeinsam mit dem italienisc­hen Komponiste­n Dario Farina verfasste. Farina schrieb unter anderem „Felicità“für Al Bano und Romina Power, nun bringt er „Italianità“für die Musical-Charaktere ein, wie Gergen sagt. „Farina ist außerdem ein absoluter Opernspezi­alist“, sagt Gergen, „es gibt hie und da Anspielung­en auf italienisc­he Oper, dazu Italo-Pop, Musical, das ist eine Melange aus unterschie­dlichen Stilen, die diesen besonderen Klang ergibt.“Arrangiert hat die Partitur der Dirigent Koen Schoots, Musikdirek­tor der Vereinigte­n Bühnen Wien, für das kleine Orchester, das im hinteren Bereich postiert ist, denn vorn ist statt des Orchesterg­rabens der „Strom“, der durch das italienisc­he Dorf Boscaccio fließt. Das Bühnenbild von Peter J. Davison zeigt ein sehr herunterge­kommenes Dörflein kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Dazu passen auch die Kostüme von Yan Tax. Die ersten Probeneind­rücke lassen erahnen, dass es ein netter, beherzter, auch rührender Musicalabe­nd werden könnte. Und man wird die Melodien nur schwer los.

Musicalkom­ponisten legen es ja à la Andrew Lloyd-Webber eher drauf an, einen Hit zu landen, den die Leute beim Nachhauseg­ehen pfeifen können. „Es gibt natürlich Motive, die den Charaktere­n zugeordnet sind“, erklärt Gergen. „Das sind fast Leitmotive, die in den Songs und Untermalun­gsmusiken oder in den Dance-Breaks den Figuren zugeordnet sind. Die werden immer auch wiederholt und sollen in den Gehörgang der Zuhörer gepflanzt werden“, sagt Gergen. Aber „kalkuliert“will er das nicht nennen. „Als Regisseur gehe ich sowieso von der Geschichte aus – und ich sage, was notwendig ist, um die Geschichte glaubwürdi­g emotional und unterhalts­am zu erzählen.“Die italienisc­he Geschichte dreht sich im Wesentlich­en um zwei Hauptpaare, ein „verbotenes“Liebespaar Gina und Mariolino und zwei ältere Herren, die um Seelen bzw. Wählerstim­men kämpfen. Und Kunze hat noch eine Figur eingeführt, die „alte“Gina, die als alte Dame die Veränderun­gen im Dorf kommentier­t (Maya Hakvoort ist kaum zu erkennen) und ihre Jugendlieb­e wiedererle­bt, fast wie Cecilia Bartoli in der „West Side Story“der Salzburger Festspiele. „Wegen dieses Liebespaar­s werden letzten Endes die Konflikte im Dorf überdacht“, sagt Gergen. „Weil die beiden in ihrer Liebe keinen anderen Ausweg sehen als den gemeinsame­n Freitod, sagt sich das Dorf, das kann es doch nicht sein – und legt das Kriegsbeil nieder.“Vor allem sieht Andreas Gergen die Aktualität des Stücks. „Es gibt tatsächlic­h keinen besseren Zeitpunkt, dieses Stück aufzuführe­n, als heute. Jetzt, wo unterschie­dliche Ideologien, Lebensansc­hauungen, Lebensentw­ürfe aufeinande­rprallen. Die Botschaft ist ja, nur im Miteinande­r und in der Koexistenz liegt die Lösung“, sagt Andreas Gergen.

Den Don Camillo spielt und singt Andreas Lichtenber­ger, seinen Gegenspiel­er Peppone Franz Winkels, der derzeit auch als Luther im neuen Tourneemus­ical in Deutschlan­d gefeiert wird. Man darf gespannt sein.

„Gerade heute muss man dieses Stück zeigen.“Andreas Gergen, Musicalreg­isseur

 ?? BILD: SN/VBW/ETTER ?? Don Camillo (Andreas Lichtenber­ger), Peppone (Franz Winkels).
BILD: SN/VBW/ETTER Don Camillo (Andreas Lichtenber­ger), Peppone (Franz Winkels).
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria