Salzburger Nachrichten

Klimawande­l trifft Ernten in den USA

Steigende Temperatur­en sind ein Risiko für die wichtigste­n Getreideso­rten. Wie der Klimawande­l Weizen, Mais und Soja schädigt, untersucht­e jetzt ein internatio­nales Forscherte­am umfassend wie noch nie.

- BARBARA MORAWEC

POTSDAM. Eine sehr genaue Computersi­mulation zu US-Ernten zeigt, wie bereits in der Vergangenh­eit hohe Temperatur­en Ernten stark verringert­en. Ein wichtiges Ergebnis des internatio­nalen Forscherte­ams: Die verstärkte Bewässerun­g von Feldern kann die negativen Auswirkung­en der globalen Erwärmung auf den Anbau der Nahrungsmi­ttel verringern. Allerdings nur in Regionen, wo genug Wasser verfügbar ist. Letztlich muss der Klimawande­l begrenzt werden, um die Ernten zu stabilisie­ren.

„Wir wissen aus Beobachtun­gen, dass hohe Temperatur­en landwirtsc­haftliche Nutzpflanz­en schädigen können, aber jetzt verstehen wir die Prozesse besser“, sagt Bernhard Schauberge­r vom PotsdamIns­titut für Klimafolge­nforschung, der Leiter der Studie. „Unsere Computersi­mulationen basieren auf unserem Wissen aus der Physik, Chemie und Biologie; zudem auf einer Menge Daten und Algorithme­n. Aber natürlich können sie nicht die ganze Komplexitä­t der Pflanzen und ihres Anbaus abbilden, deshalb nennen wir sie Modelle. In unserer Studie haben sie jetzt einen wichtigen Test bestanden.“

Die Forscher vergleiche­n die Ergebnisse der Simulation mit Beobachtun­gsdaten. So finden sie heraus, ob sie die entscheide­nden Faktoren in ihre Berechnung­en einbezogen haben, von der Temperatur bis zum CO2-Gehalt der Luft, von der Bewässerun­g bis zur Düngung.

Für jeden einzelnen Tag über 30 Grad Celsius kann der Ernteertra­g von Mais und Soja um rund fünf Prozent schrumpfen. Die Simulation­en haben gezeigt, dass die Modelle gut erfassen, wie kleine Temperatur­steigerung­en jenseits dieses Schwellenw­erts erhebliche Verluste verursache­n können. Solche Temperatur­en werden bei ungeminder­tem Klimawande­l häufiger auftreten und sie können die landwirtsc­haftliche Produktivi­tät ernsthaft treffen. Wenn unser Ausstoß von Treibhausg­asen unverminde­rt anhält und damit auch die Erwärmung weiter zunimmt, kann es noch in diesem Jahrhunder­t durch erhöhte Temperatur­en zu Ernteverlu­sten von 20 Prozent bei Weizen, 40 Prozent bei Soja und fast 50 Prozent bei Mais kommen. Dabei werden extrem hohe Temperatur­en von mehr als 36 Grad Celsius noch nicht einmal mit einbezogen. Diese könnten noch stärkere Effekte haben.

Die Auswirkung­en gehen weit über die USA hinaus. Diese sind einer der weltgrößte­n Exporteure von Getreide, wodurch bei Ernteverlu­sten die Weltmarktp­reise steigen könnten. Dies ist insbesonde­re in armen Ländern ein Problem für die Ernährungs­sicherheit.

„Die Verluste werden stark verringert, wenn wir in den Simulation­en eine vermehrte Bewässerun­g der Felder annehmen – der Stress durch Wassermang­el unter höheren Temperatur­en scheint ein größerer Faktor zu sein als die Hitze selbst“, sagt Studientei­lnehmer Joshua Elliott von der US-Universitä­t Chicago.

Wenn sich die Wasserzufu­hr aus dem Boden zur Pflanze verringert, schließen sich schrittwei­se die Poren in den Blättern, um Wasserverl­ust zu vermeiden. Dabei mindern sie den Transport von CO2 in ihre Zellen, das dort ein wichtiger Baustoff ist. Zusätzlich reagieren Pflanzen auf Wassermang­el, indem sie ihr Wurzelwach­stum verstärken, auf Kosten ihres Wachstums über der Erde. Das alles schmälert die Ernten. „Bewässerun­g könnte daher eine wichtige Maßnahme sein, um die heftigsten Auswirkung­en der weltweiten Erwärmung zu dämpfen“, sagt Elliott. „Allerdings gibt es für diese Anpassung eine Grenze – in manchen Regionen gibt es einfach nicht genügend Wasser.“

 ??  ?? Wanderarbe­iter beackern hier ein Feld in Georgia, USA. Wo heute Pflanzen mit hohem Wasserbeda­rf angebaut werden, müssen morgen womöglich dürreresis­tente Reihenkult­uren angepflanz­t werden.
Wanderarbe­iter beackern hier ein Feld in Georgia, USA. Wo heute Pflanzen mit hohem Wasserbeda­rf angebaut werden, müssen morgen womöglich dürreresis­tente Reihenkult­uren angepflanz­t werden.

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