Eine Abfahrt, die staunen ließ
Die Streif 2017 wird in Erinnerung bleiben: verletzungsfrei und mit Zuschauerrekord. Doch auch andere Fakten – wie die historische ÖSV-Pleite – lassen nach dem Rennen Verblüffendes zu Tage treten.
KITZBÜHEL. Das Resümee nach einem Rennen, „in dem mehr passiert ist als sonst in drei Abfahrten“(OTon Hans Pum), war selbst für die Beteiligten nicht einfach zu finden. Matthias Mayer traf wohl den Nagel auf den Kopf, als er meinte: „Eine Watschn war es nicht, aber gut fühlte es sich auch nicht an.“
Hättiwari 1
Hannes Reichelt hätte die Abfahrt sicher gewonnen – wenn er nicht im Karussell die Ski quer gestellt und den ganzen Schwung abgestochen hätte. Danach war er der Schnellste, hatte vor dem Zielsprung mit Tempo 141,1 auch den Topspeed. „Ich wollte eigentlich nur locker herunterfahren, aber es wurde immer schneller.“Offenbar ein gutes Rezept für die Streif.
Hättiwari 2
Beat Feuz hätte die Abfahrt sicher gewonnen – wenn er nicht in der Traverse nach dem Hausberg in die Netze geflogen wäre. „Es gibt dort zwei Linien, die Siegerlinie und die Abfluglinie. Ich habe die zweite gewählt.“Feuz hatte sich zuvor so gut gefühlt, dass er im Finish seine Kampflinie noch einmal verschärft hat – das war ein Tick zu viel. Dennoch: Er ist ein ganz heißer WMGold-Kandidat.
Hättiwari 3
Valentin Giraud Moine war die Sensation des Tages mit Rang zwei. Er fand schon das unglaublich („Wir haben gekämpft wie die Löwen“), doch zwei Tage vor seinem 25. Geburtstag wäre noch mehr möglich gewesen. „Er hätte die Abfahrt gewonnen, wenn er in der Traverse eine bessere Sicht gehabt hätte“, behauptet Hannes Reichelt. Das bestätigt auch die Zeitanalyse, am Hausberg lag er in Führung, nach der Traverse kam Paris (Startnummer 9) mit 140,2 km/h heraus, Giraud Moine (24) mit 136,5 – die Entscheidung. Giraud Moine: „Es wird der Tag kommen, an dem ich mit besserer Nummer fahre.“Wenn er so weitermacht, dann schon bald.
ÖSV-Pleite
Unglaublich, aber wahr: Das Abschneiden des ÖSV war das schlechteste auf der Streif seit Bestehen des Weltcups 1967. Die bisherigen Tiefpunkte waren ein siebter Rang im Vorjahr (Vincent Kriechmayr) sowie die Ränge fünf und sechs durch Helmut Höflehner in den Neunzigerjahren. Dennoch fühlte es sich ganz anders an: Hannes Reichelt (9.) vergab seine Topplatzierung mit besagtem Fehler, bei Max Franz ging nach Bestzeit die Bindung auf und Matthias Mayer (8.) hatte sich beim Material vergriffen – die verbrannten Beläge am Ski waren sowohl Folge als auch Indiz. Vincent Kriechmayr (11.) fährt derzeit zu hart und will zu viel erzwingen. Dahinter klafft im ÖSV in der Abfahrt halt eine Lücke. Kleine Ausnahme: Romed Baumann (26.) notierte zwischendurch eine zweite und dritte Teilzeit, nur war er schon nach der Steilhang-Ausfahrt chancenlos. Ebenso erstaunlich: Seit 1967 haben die Streif-Abfahrten, in denen kein Österreicher auf dem Podest stand, Seltenheitswert.
Zuschauer
Wenn die genaue Abrechnung vorliegt, dann wird man vermutlich sogar einen neuen Zuschauerrekord für die Rennen bekannt geben können. Fix ist, dass zum ersten Mal seit 1999 wieder über 50.000 bei der Abfahrt waren. Die Abfahrt wurde danach geadelt: „Es war eine der fünf besten Abfahrten in der Geschichte der Hahnenkammrennen“, sagte Ski-Club-Präsident Michael Huber. Mit 20.000 am Freitag und 22.000 am Sonntag hatte man rund 92.000 Zuschauer. Der bisherige Rekord lag bei 90.000.