Wenn das Baby schlafen soll
Eltern brauchen Geduld, weil die Kleinen in den ersten Lebensmonaten erst lernen müssen, ihren Rhythmus zu finden. Schlafmittel zu geben ist der falsche Weg.
Deutsche Kinderärzte haben kürzlich davor gewarnt, Säuglingen Schlafmittel zu geben. Die Mittel können psychisch abhängig machen und innere Organe wie Leber und Niere schädigen, und auch in niedrigen Dosen Atemstillstand auslösen. Nach Einschätzung des bayerischen Gesundheitsministeriums geben inzwischen immer mehr Eltern ihren Kindern solche Mittel. Konkrete Zahlen gibt es dazu nicht, doch die Meldung hat in Internetforen heftige Debatten ausgelöst zwischen entsetzten Eltern und solchen, die sich nicht anders zu helfen wissen, als ihren Babys „Zaubertropfen“zu verabreichen.
Wolfgang Sperl, Vorstand der Salzburger Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, schüttelt den Kopf: „Babys und Kindern Schlafmittel zu geben lehnen wir total ab. Das ist absurd und gefährlich. Eltern müssen verstehen, dass in den ersten zwei, drei Lebensmonaten das Kind für Trinken und Schlafen erst einen Rhythmus finden muss. Das hat mit der Gehirnreifung zu tun, und diese Reifungszeiten muss man abwarten. Babys brauchen zudem eine Erziehung zum Rhythmus.“
Was kann man alles tun, um diese Zeit für das Baby und die Eltern leichter zu machen?
In den ersten drei Monaten schlafen Babys durchschnittlich 16 bis 18 von 24 Stunden, auf etwa sechs Schlafphasen verteilen. Doch jedes Kind ist anders. Abweichungen in der Schlafdauer sollten keine allzu großen Sorgen machen. Einige Unterschiede sind angeboren. Mit etwa vier bis sechs Wochen wird das Schlafverhalten allmählich regelmäßiger und das Baby beginnt sich langsam auf einen Tag-NachtRhythmus einzustellen. „Wenn ein Baby einschläft, dann wacht es irgendwann in der Nacht wieder auf und sinkt nach kurzer Zeit wieder in den Schlaf. Man darf es dann nicht aus dem Bett nehmen und herumtragen“, sagt Wolfgang Sperl. Schon ganz kleine Babys verfügen über eine gewisse, wenn auch beschränkte Fähigkeit, sich selbst zu beruhigen und selbstständig einzuschlafen. „Dabei kann etwa ein Kuscheltier helfen oder ein Einschlaftüchlein“, sagt Wolfgang Sperl. Wenn das Baby so etwas vom Einschlafen am Abend kennt, wird es sich auch in der Nacht daran orientieren können und ein vertrautes Gefühl haben.
Bis zum sechsten Lebensmonat ist ein mindestens einmaliges Aufwachen normal – das Kind braucht nachts eine oder mehr Mahlzeiten. Durchschlafen bedeutet, dass ein Kind mindestens sechs bis acht Stunden schläft. Frühzeitig eingeführte Routinen und Strukturen beim Baden und Wickeln, beim Stillen oder Füttern wie auch beim Schlafenlegen helfen dem Baby, sich zu orientieren und seinen Rhythmus zu finden.
Wenn das Baby den Blick abwendet, gähnt, gerötete Augen hat oder – wenn es schon etwas älter ist – die Augen reibt, ist es Zeit für ein Schläfchen. Den Zeitpunkt sollte man nicht übersehen, denn wenn Babys übermüdet und überreizt sind, wird das Einschlafen schwierig.
Für den guten Schlaf ist auch die richtige Umgebung wichtig. Im ersten Lebensjahr sollten Eltern das Baby zum Schlafen immer auf den Rücken legen. In dieser Schlafposition kann es am besten atmen. Der Schlafplatz darf nicht zu groß sein, sodass es sich eingehüllt und geborgen fühlt. In den ersten zwölf Lebensmonaten benötigt das Baby keinen Polster. Statt einer Zudecke empfiehlt sich ein Schlafsack. So entsteht gar nicht erst die Gefahr, dass das Baby unter die Decke rutscht. Außerdem kann sich das Kind in der Nacht nicht freistrampeln. Beim Schlafsack sollte der Halsumfang nicht größer sein als der Kopf des Kindes, damit es nicht hineinrutschen kann.
„Kein Baby oder Kleinkind darf Schlafmittel bekommen.“Wolfgang Sperl, Vorstand SALK
Von Einschlafstörungen sprechen Kinderärzte, wenn ein Kind nach den ersten sechs Lebensmonaten regelmäßig nur mit aufwendiger Hilfe der Eltern einschlafen kann und mehr als 30 Minuten dazu braucht. Häufig ist das Miteinander zwischen Eltern und Kind schwierig. Das kann daran liegen, dass ein Kind zur Unruhe neigt und sich nur schwer beruhigen lässt. Wenn Babys ernsthafte Schlafprobleme haben und möglicherweise auch noch viel schreien, sollten Eltern nicht zögern, sich an den Kinderarzt zu wenden. „Bei uns gibt es zudem eine Ambulanz mit Spezialisten für Schrei-, Schlaf- und Fütterungsprobleme“, sagt Wolfgang Sperl.
Info: Diese Ambulanz befindet sich in Haus E , +43 (0)5 72 55-23 412. Eine Terminvereinbarung ist erforderlich. WWW.SALK.AT