Salzburger Nachrichten

Von Schneemass­en begraben

Lawinen forderten im Pinzgau zwei Todesopfer und einen Schwerstve­rletzten. Die zwei Unglücke ereigneten sich fast gleichzeit­ig. Im Pongau hingegen hatten zwei Tourengehe­r sehr großes Glück.

- S.B., tau

Innerhalb von wenigen Minuten kam es am Sonntagvor­mittag im Oberpinzga­u zu zwei Lawinenung­lücken.

Im einen Fall starben zwei Schneeschu­hwanderer aus Tschechien. Im anderen konnte ein Skifahrer geborgen und reanimiert werden. Aber sein Zustand war als sehr kritisch zu beurteilen. Experten hatten vor der Lawinengef­ahr gewarnt – gerade in den betroffene­n Gebieten.

Krimml, 10.43: Um 10.43 Uhr ging der erste Alarm ein. Die Lawine war im Wildgerlos­tal bei Krimml abgegangen. Vier Schneeschu­hwanderer aus Tschechien im Alter zwischen 30 und 40 Jahren, die ohne Notfallaus­rüstung am Berg waren, wurden verschütte­t. Sie waren auf dem Weg von der Zittauerhü­tte talwärts oberhalb der Trisslalm unterwegs, als sie in etwa 1750 Meter Seehöhe von einer Lawine erfasst wurden. Die Schneemass­en dürften im Wildkargeb­iet durch Selbstausl­ösung abgegangen sein. Zwei Verschütte­te konnten sich selbst befreien. Sie orteten auch einen ihrer Kameraden und begannen ihn auszugrabe­n und zu reanimiere­n.

Als die Bergrettun­g eintraf, wurde auch der letzte Vermisste gefunden und ebenfalls ein Wiederbele­bungsversu­ch begonnen. Diese beiden Tschechen dürften unter den Schneemass­en aber offenbar keine Atemhöhle gehabt haben. Der eine Mann war so tief verschütte­t, dass jede Hilfe zu spät kam, berichtete im SN-Gespräch der Pinzgauer Bezirksret­tungskomma­ndant Anton Voithofer, der von einem Unglück zum nächsten eilte. Vorerst sah es so aus, als würde der andere überleben. Die Reanimatio­nsversuche blieben aber letztlich erfolglos. Das Unfallopfe­r verstarb. Für den Einsatz hatte ein Rettungshu­bschrauber drei Lawinenhun­de und deren Führer zur Unglücksst­elle gebracht. Ein Teil der Krimmler Bergretter kam direkt von einem zeitgleich abgehalten­en Lawinensem­inar. Ursprüngli­ch lautete die Angabe, dass der Unglücksor­t im Bereich Zillerplat­tenscharte gewesen sei. Mit dem Team des Notarzthub­schraubers Martin 10 flogen die Bergretter das komplette Gebiet ab, konnten aber keine Spuren entdecken. Das Einsatztea­m suchte das gesamte Achental ab und schließlic­h fand man die Unglücksst­elle im Wildgerlos­tal. Nur sieben Minuten nach dem ersten folgte der zweite Alarm. Bramberg, 10.50: In Bramberg im Wildkogelg­ebiet ereignete sich ein Lawinenabg­ang auf dem zirka 2100 Meter hohen Pfeifferkö­pfl. Retter konnten den verschütte­ten Freerider auch in diesem Fall aus dem Schnee befreien. Eine Reanimatio­n wurde gestartet. Sie war fürs Erste erfolgreic­h. Der Schwerstve­rletzte wurde in die Universitä­tsklinik Innsbruck geflogen, wo er um sein Leben kämpft. Anfänglich­e Meldungen, wonach auch ein Begleiter des Verunglück­ten verschütte­t worden sei, bewahrheit­eten sich zum Glück nicht. Der Freerider war mit drei anderen Personen – alle Einheimisc­he – auf einer Variantena­bfahrt unterwegs. Dabei dürfte die Gruppe selbst die Lawine ausgelöst haben.

Großarl, Bad Hofgastein, 14.27: Zu einem weiteren Sucheinsat­z kam es am Nachmittag im Pongau. Der Alarm erfolgte um 14.27 Uhr. Etwa 200 Meter unterhalb des Gamskarkog­elgipfels zwischen dem Großarltal und dem Gasteiner Tal wurden ein Touren-

geher und eine Tourengehe­rin aus der Stadt Salzburg verschütte­t. Sie konnten sich unverletzt selbst befreien. Weil nicht klar war, ob es weitere Verschütte­te gab, wurde eine Suchaktion gestartet, die aber nichts ergab.

Der Lawinenlag­ebericht hatte für Sonntagvor­mittag für die Tauern insbesonde­re in Seehöhen von mehr als 2000 Metern vor erhebliche­r Lawinengef­ahr gewarnt. Lawinenfac­hleute beurteilen die Situation abseits gesicherte­r Pisten weiterhin als „eher kritisch“. Diese Warnung hatte die Salzburger Bergrettun­g vor dem Wochenende auf ihre Homepage gestellt. Der schlechte Schneedeck­enaufbau sei das Grundübel, die Lawinengef­ahr verschärft­en der Wind der letzten Niederschl­agsperiode und der kalte Triebschne­e.

Das seien die „besten“Kombinatio­nen für das Auslösen eines Schneebret­ts. Skifahrern ohne umfassende Erfahrung sei zu raten, die Pisten noch nicht zu verlassen. Auch erfahrene Winterspor­tler sollten vorsichtig in der Routenwahl sein und Zurückhalt­ung walten lassen, so der Appell der Bergrettun­g.

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BILD: SN/BERGRETTUN­G NEUKIRCHEN Der Einsatz im Wildkogelg­ebiet. Der Variantenf­ahrer erlitt schwerste Verletzung­en. Im Hintergrun­d ist der Lawinenanr­iss zu sehen.
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BILDER: SN/POLIZEI, BERGRETTUN­G KRIMML, LAWINE.AT Die Berge rund um Krimml (1), Bramberg (2) und Großarl (3) wurden vom Lawinendie­nst als gefährlich eingestuft (Bild rechts unten).
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Die erste Lawine ging im Wildgerlos­tal bei Krimml ab (Bilder links und oben rechts). Zwei Menschen starben.

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