Götter kommen zum Gipfeltreffen auf die Bühne
Terror und Gewalt veranlassten Elfriede Jelinek zum Text „Wut“.
SALZBURG. Die einen morden im Namen Gottes, die anderen verteidigen ihre säkularisierte Welt. Aus diesem unauflösbaren Widerspruch, der in Anschlägen wie auf „Charlie Hebdo“und einen Pariser Supermarkt für koschere Lebensmittel explodiert ist, hat Elfriede Jelinek einen Textschwall produziert, den die Münchner Kammerspiele 2016 uraufgeführt haben und den am Samstag das Schauspielhaus Salzburg auf seine Bühne brachte.
„Wut“heißt dieses Werk, denn was sonst ist die Antwort auf kompromisslos tötungswillige Gewalt. Regisseurin Anne Simon strukturiert die Irrfahrt durch die Jelinek’schen Wutergüsse, indem sie Protagonisten der Weltreligionen auftreten lässt: Zeus, Jesus, Mohammed und Buddha. Diesem religiösen Gipfeltreffen gibt sie ein Kind aus den Trümmern von Aleppo und einen Despoten als irdische Widerparts. Und in einem Glaskobel – abgeschottet, doch teilnehmend – agiert die Autorin, die nachsinnt und kommentiert.
Nicht Wortfetzen, sondern Weltfetzen werden uns entgegengeschleudert. Regisseurin Anne Simon und Ausstatterin Agnes Hamvas haben ein furioses Sammelsurium an Bildern und Schlagabtäuschen ersonnen. Nicht eine Handlung ist dramaturgische Substanz von „Wut“, sondern eine glänzende, klang- und sinnreiche Sprache, die Klischees und Stehsätze anrührt, oft auch aufbricht. Neuerlich ist es eine Freude, wie die Schauspieler des Salzburger Schauspielhauses diese Sprache exzellent zur Geltung bringen – allen voran Ulrike Arp, Ute Hamm, Christiane Warnecke und Olaf Salzer.