Neue Regeln für den Handel
Donald Trump macht gleich zu Beginn klar, was er von multilateralen Handelsverträgen hält – gar nichts. Er setzt auf länderweise Abkommen.
WASHINGTON. Es ist formal nur eine Aktennotiz an den Handelsbeauftragten der USA, die Präsident Donald Trump am Montag unterzeichnet hat. Aber mit der Aufforderung, den Partnern des Pazifik-Freihandelsvertrags TPP den Rückzug der USA mitzuteilen, leitet Trump eine Wende in den Handelsbeziehungen der USA mit der restlichen Welt ein.
In seinem Memorandum betont der Präsident zwar, dass der Handel mit anderen Nationen für ihn „überragende Bedeutung“habe, Ziel seiner Regierung sei aber, künftig bilaterale Verträge mit den jeweiligen Ländern auszuhandeln. Damit setzt Trump in die Tat um, was er im Wahlkampf angekündigt hat. Und es dürfte nicht bei TPP bleiben, auch der Vertrag über die Freihandelszone NAFTA mit Mexiko und Kanada steht auf dem Prüfstand.
Die bisherigen Partner der USA in Asien und im Pazifikraum sind vor den Kopf gestoßen, wahren aber die diplomatische Höflichkeit. In Japan hofft man, Trump noch zum Umdenken bewegen zu können. Ministerpräsident Shinzo Abe will persönlich vorstellig werden, um ihm die strategische und wirtschaftliche Bedeutung der Transpazifischen Partnerschaft klarzumachen, ein Wirtschaftsraum mit 800 Millionen Leuten, auf den fast 40 Prozent des Welthandels entfallen. In Australien gibt man sich selbstbewusster. Nach der Formel „zwölf minus eins“könnte TPP auch ohne die USA umgesetzt werden. Ministerpräsident Malcolm Turnbull dachte sogar laut darüber nach, China dazuzuholen, den großen geopolitischen Gegenspie- ler der USA in der Region. Allerdings bezweifeln viele, dass ein Bündnis ohne die USA gelingen kann: Sie allein machen etwa 60 Prozent der Wirtschaftsleistung aller zwölf TPP-Unterzeichnerstaaten aus. Dazu gehören neben den genannten noch Kanada, Mexiko, Vietnam, Malaysia, Brunei, Chile, Peru und Singapur.
Sieben Jahre hatte man verhandelt, vor einem Jahr wurde der Vertrag in 6000 Seiten Text gegossen. Für den bisherigen US-Präsidenten Barack Obama war TPP Herzstück einer Agenda, die auf engere wirtschaftliche und politische Verbindungen zu Asien setzte. Als vermutliche Profiteure galten die Autoindustrien – sowohl japanische Marken, die auf besseren Zugang zu den USA hoffen konnten, als auch die US-Autobauer, die Boom-Märkte wie Vietnam im Blick haben. Große Hoffnungen hegten auch die Landwirtschaft und Technologiekonzerne wie Google. Die Rede war von bis zu 650.000 neuen Jobs. Es gab aber auch Kritik wegen fehlender Arbeitsund Umweltstandards.
Ohne die USA kann das Abkommen nicht wie geplant im Februar 2018 in Kraft treten. Denn dafür müssten mindestens sechs Länder den Vertrag ratifizieren, die mindestens 85 Prozent der Wirtschafts- leistung hinter sich haben. Allein auf die USA entfallen 60 Prozent der Wirtschaftsleistung der insgesamt zwölf TPP-Mitgliedsländer.
Als großer Nutznießer gilt nun China, das mit TPP ausgegrenzt werden sollte. Der Wirtschaftsprofessor Huang Weiping aus Peking meint: „China hat jetzt die Chance, ein eigenes Handelsabkommen voranzutreiben. TPP wurde von den USA angeführt und China sollte gezwungen werden, amerikanische Standards anzuerkennen. China wird dagegen kein Land bitten, seine Standards zu befolgen.“Die von China geplante Partnerschaft hat auch schon einen Namen: RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership). Dabei sein sollen neben China und den südostasiatischen Ländern auch Südkorea, Indien, Japan, Australien und Neuseeland – aber keinesfalls die USA.
In der EU-Hauptstadt Brüssel gibt man sich selbstbewusst. Im Gegensatz zu Trump will die EU-Kommission an Freihandelsabkommen mit mehreren Ländern festhalten. „Wir sind entschlossen, dem Trend des Unilateralismus entgegenzutreten“, sagte der Chefsprecher der Brüsseler Behörde, Margaritis Schinas. Die EU berate mit allen Ländern bis auf eines, die sich an dem Pazifik-Handelsabkommen TPP beteiligen wollten. Die Gespräche mit Japan bewegen sich laut Schinas auf die Ziellinie zu. Es gebe zudem Abkommen mit Kanada, Vietnam, Singapur, die bald ratifiziert würden. Insgesamt verhandle die EU derzeit fast 20 Handelsabkommen. Das tut die EU-Behörde im Auftrag der Mitgliedsländer.
„TPP hat eine Chance, auch ohne die USA.“Malcolm Turnbull, Premier Australiens