Wenn man von Ehepartner und Immobilie nicht loskommt
Bei einer Ehe ist die Rechtslage rund um ein gemeinsames Haus oder eine Wohnung sehr kompliziert. Im Fall einer Scheidung warnen Juristen vor allem vor unüberlegten Hauruck-Aktionen.
Viele in Zerrüttung lebende Ehepartner halten das Zusammenleben mit dem anderen Ehepartner nicht (mehr) aus und wollen die Immobilie so schnell wie möglich zu Geld machen. Oft steckt in der ehelichen Wohnung oder dem Haus das gesamte Vermögen.
Doch bei einer Ehe ist die Rechtslage rund um eine Immobilie und das gemeinsame Wohnen alles andere als einfach. Denn mit dem Eingehen des Ehebunds hat man grundsätzlich die Verpflichtung zum gemeinsamen Wohnen, aber auch das Recht, in der ehelichen Wohnung oder im Haus zu bleiben. Dieses Recht besteht, solange die Ehe aufrecht ist und auch noch nicht über die Aufteilung des ehelichen Vermögens entschieden worden ist. Dies gilt auch dann, wenn diese Ehewohnung vom anderen Ehepartner in die Ehe eingebracht worden ist.
1. Vorsicht vor eigenmächtigen Aktionen
Eigenmächtige Handlungen bringen jedenfalls für den im Alleingang agierenden Ehepartner im Scheidungsverfahren große Rechtsnachteile mit sich. So stellt das eigenmächtige Verlassen der Ehewohnung während der Ehe den Tatbestand des „ böswilligen Verlassens“dar, einer der schwerwiegendsten Verschuldensgründe. Das verschlechtert im Scheidungsverfahrens meist gravierend die Ausgangsposition des eigenmächtig handelnden Ehepartners. Denn dieser ist dann meist grundsätzlich dem anderen zum (lebenslangen) Ehegattenunterhalt verpflichtet, wobei in der Praxis dieser Ehegattenunterhalt meist durch größere Einmalzahlungen oder eben „Großzügigkeit“beim aufzuteilenden Vermögen dem anderen abgefunden wird.
Ist das Zusammenleben zur körperlichen Qual oder Gefährdung der Gesundheit geworden, könnte bei Gericht ein Antrag auf gesonderte Wohnungsnahme gestellt werden. Stimmt das Gericht diesem Auszug zu, ist er keine rechtswidrige eigenmächtige Handlung.
Jener Ehepartner, der ausgezogen ist, gibt damit zu verstehen, dass er auf diese Wohnung nicht wirklich angewiesen ist. Wollen nun beide die Wohnung und ist sie nicht vom verlassenden Ehepartner in die Ehe eingebracht worden, wird sie wohl jener Ehepartner ins Eigentum erhalten, der in dieser verblieben ist. Der ausziehende Ehepartner muss aber einen finanziellen Ausgleich erhalten.
2. Wohnung und Haus nicht eigenmächtig verkaufen
Auch ein Ehepartner, der allein im Grundbuch der Ehewohnung oder des Hauses eingetragen ist und diese Wohnung hinter dem Rücken des anderen heimlich verkauft, handelt schuldhaft. Er oder sie ist dem anderen Ehepartner in diesem Fall schadenersatzpflichtig, und zwar auch dann, wenn die Wohnung von ihm oder ihr in die Ehe eingebracht worden ist.
Bekommt ein Ehepartner spitz, dass der andere versucht, die Liegenschaft heimlich zu verkaufen, kann er den Verkauf mit einer einstweiligen Verfügung verhindern. Hier ist rasches Handeln erforderlich. Durch Eintragung dieser Verfügung ins Grundbuch gilt das Verbot der Veräußerung auch für Dritte.
Will man bereits im Vorfeld verhindern, dass es überhaupt so weit kommen kann, dass ein Ehepartner heimlich das Haus oder die Wohnung verpfändet oder verkauft, kann man dies mit einem grundbücherlich eingetragenen Veräußerungsund Belastungsverbot bewirken. Dieses Verbot wirkt gegen jedermann.
Eine unzulässige eigenmächtige rechtswidrige Handlung ist es auch, wenn der verlassene Ehepartner einfach das Schloss austauscht, obwohl der andere Ehepartner noch Gegenstände in der Wohnung hat. Ausnahmen gibt es nur im Fall von Gewalt. Gegen einen gewalttätigen Ehemann schützt die Wegweisung.
Ansonsten hat während einer aufrechten Ehe jeder Ehepartner das gleiche Recht, in der Ehewohnung zu verbleiben. In der Praxis wird aus Gründen der Deeskalation vereinbart, dass bis zur Klärung der Scheidungsfolgen ein Ehepartner auszieht. Das sollte aus Beweisgründen schriftlich erfolgen – mithilfe einer Rechtsberatung.
3. Wer bekommt die Wohnung oder das Haus?
Bei der Vermögensaufteilung im Zuge einer Scheidung ist nicht entscheidend, welcher Ehepartner im Grundbuch steht, sondern ob die Liegenschaft aus ehelichen Ersparnissen oder vorehelichem Vermögen angeschafft worden ist. Die als Ehewohnung genutzte Liegenschaft ist dabei eine Ausnahme von der sonst geltenden Regel, dass alles, was in eine Ehe eingebracht worden ist, nicht der ehelichen Aufteilung unterliegt.
Daher gilt zum Beispiel: Hat jener Ehepartner, der die Wohnung nicht in die Ehe eingebracht hat, ein dringendes Wohnbedürfnis an der Wohnung, erhält er oft ein befristetes Wohnrecht. Diese Regelung gilt auch, wenn sich der betreffende Ehepartner um die kleinen gemeinsamen Kinder kümmert. Dieses befristete Wohnrecht wird oft mit einer Abschlagszahlung abgefunden.
4. Was kann man in einem Ehevertrag regeln?
Will man verhindern, dass ein derartiges Wohnrecht dem anderen Ehepartner im Fall einer Scheidung zukommt, kann man dies mittels eines Ehevertrags regeln. In diesem Vertrag könnte dann festgehalten werden, dass die Ehewohnung jedenfalls jenem Ehepartner verbleibt, der diese in die Ehe eingebracht hat. Wurde die Liegenschaft während der Ehe gekauft und aus ehelichen Ersparnissen sowie mit einem während der Ehe aufgenommenen Kredit bezahlt, hat jeder Ehepartner grundsätzlich die Ansprüche auf die Hälfte der Liegenschaft. Voraussetzung dafür ist, dass zur Anschaffung der Liegenschaft nicht voreheliches Vermögen verwendet wurde. Diese Regelung gilt unabhängig davon, welcher Ehepartner im Grundbuch steht und ob beide gemeinsam oder nur ein Ehepartner den Kredit zurückbezahlt haben.
Mit einem Ehevertrag lässt sich auch vorab klären, ob und zu welchen Bedingungen die Liegenschaft verkauft werden soll. Das hilft oft, teure Verfahren zu vermeiden.
5. Wer bekommt die Mietwohnung?
Einigen sich die Ehepartner nicht einvernehmlich, wer die Mietwohnung künftig allein bewohnen soll, kann das Gericht von sich aus anordnen, auf wen die Mietrechte übergehen. Auch hier wird wieder Augenmerk darauf gelegt, wer sich zum Beispiel um die Betreuung der kleinen Kinder kümmert und wem es eher zugemutet werden kann auszuziehen.
Dasselbe gilt für Genossenschaftswohnungen. Wobei hier, wenn der Genossenschaftsanteil aus ehelichen Ersparnissen bezahlt worden ist, der Förderbeitrag untereinander zu teilen ist. Stammt die Genossenschaftswohnung aus einer Zeit vor der Ehe, erfolgt keine Ausgleichszahlung. Bei einer Mietund einer Genossenschaftswohnung kann es aber zu einem Ausgleich des sogenannten Schattenwerts kommen. Gemeint ist damit jener Wert, den die Ehewohnung unter Abzug der Betriebskosten günstiger ist als eine vergleichbare Wohnung auf dem Markt. Die Rechtsprechung zum Thema „Schattenwert“ist jedoch eher wenig ergiebig und uneinheitlich.