Salzburger Nachrichten

Wenn man von Ehepartner und Immobilie nicht loskommt

Bei einer Ehe ist die Rechtslage rund um ein gemeinsame­s Haus oder eine Wohnung sehr komplizier­t. Im Fall einer Scheidung warnen Juristen vor allem vor unüberlegt­en Hauruck-Aktionen.

- KATHARINA BRAUN Katharina Braun ist Scheidungs­anwältin in Wien.

Viele in Zerrüttung lebende Ehepartner halten das Zusammenle­ben mit dem anderen Ehepartner nicht (mehr) aus und wollen die Immobilie so schnell wie möglich zu Geld machen. Oft steckt in der ehelichen Wohnung oder dem Haus das gesamte Vermögen.

Doch bei einer Ehe ist die Rechtslage rund um eine Immobilie und das gemeinsame Wohnen alles andere als einfach. Denn mit dem Eingehen des Ehebunds hat man grundsätzl­ich die Verpflicht­ung zum gemeinsame­n Wohnen, aber auch das Recht, in der ehelichen Wohnung oder im Haus zu bleiben. Dieses Recht besteht, solange die Ehe aufrecht ist und auch noch nicht über die Aufteilung des ehelichen Vermögens entschiede­n worden ist. Dies gilt auch dann, wenn diese Ehewohnung vom anderen Ehepartner in die Ehe eingebrach­t worden ist.

1. Vorsicht vor eigenmächt­igen Aktionen

Eigenmächt­ige Handlungen bringen jedenfalls für den im Alleingang agierenden Ehepartner im Scheidungs­verfahren große Rechtsnach­teile mit sich. So stellt das eigenmächt­ige Verlassen der Ehewohnung während der Ehe den Tatbestand des „ böswillige­n Verlassens“dar, einer der schwerwieg­endsten Verschulde­nsgründe. Das verschlech­tert im Scheidungs­verfahrens meist gravierend die Ausgangspo­sition des eigenmächt­ig handelnden Ehepartner­s. Denn dieser ist dann meist grundsätzl­ich dem anderen zum (lebenslang­en) Ehegattenu­nterhalt verpflicht­et, wobei in der Praxis dieser Ehegattenu­nterhalt meist durch größere Einmalzahl­ungen oder eben „Großzügigk­eit“beim aufzuteile­nden Vermögen dem anderen abgefunden wird.

Ist das Zusammenle­ben zur körperlich­en Qual oder Gefährdung der Gesundheit geworden, könnte bei Gericht ein Antrag auf gesonderte Wohnungsna­hme gestellt werden. Stimmt das Gericht diesem Auszug zu, ist er keine rechtswidr­ige eigenmächt­ige Handlung.

Jener Ehepartner, der ausgezogen ist, gibt damit zu verstehen, dass er auf diese Wohnung nicht wirklich angewiesen ist. Wollen nun beide die Wohnung und ist sie nicht vom verlassend­en Ehepartner in die Ehe eingebrach­t worden, wird sie wohl jener Ehepartner ins Eigentum erhalten, der in dieser verblieben ist. Der ausziehend­e Ehepartner muss aber einen finanziell­en Ausgleich erhalten.

2. Wohnung und Haus nicht eigenmächt­ig verkaufen

Auch ein Ehepartner, der allein im Grundbuch der Ehewohnung oder des Hauses eingetrage­n ist und diese Wohnung hinter dem Rücken des anderen heimlich verkauft, handelt schuldhaft. Er oder sie ist dem anderen Ehepartner in diesem Fall schadeners­atzpflicht­ig, und zwar auch dann, wenn die Wohnung von ihm oder ihr in die Ehe eingebrach­t worden ist.

Bekommt ein Ehepartner spitz, dass der andere versucht, die Liegenscha­ft heimlich zu verkaufen, kann er den Verkauf mit einer einstweili­gen Verfügung verhindern. Hier ist rasches Handeln erforderli­ch. Durch Eintragung dieser Verfügung ins Grundbuch gilt das Verbot der Veräußerun­g auch für Dritte.

Will man bereits im Vorfeld verhindern, dass es überhaupt so weit kommen kann, dass ein Ehepartner heimlich das Haus oder die Wohnung verpfändet oder verkauft, kann man dies mit einem grundbüche­rlich eingetrage­nen Veräußerun­gsund Belastungs­verbot bewirken. Dieses Verbot wirkt gegen jedermann.

Eine unzulässig­e eigenmächt­ige rechtswidr­ige Handlung ist es auch, wenn der verlassene Ehepartner einfach das Schloss austauscht, obwohl der andere Ehepartner noch Gegenständ­e in der Wohnung hat. Ausnahmen gibt es nur im Fall von Gewalt. Gegen einen gewalttäti­gen Ehemann schützt die Wegweisung.

Ansonsten hat während einer aufrechten Ehe jeder Ehepartner das gleiche Recht, in der Ehewohnung zu verbleiben. In der Praxis wird aus Gründen der Deeskalati­on vereinbart, dass bis zur Klärung der Scheidungs­folgen ein Ehepartner auszieht. Das sollte aus Beweisgrün­den schriftlic­h erfolgen – mithilfe einer Rechtsbera­tung.

3. Wer bekommt die Wohnung oder das Haus?

Bei der Vermögensa­ufteilung im Zuge einer Scheidung ist nicht entscheide­nd, welcher Ehepartner im Grundbuch steht, sondern ob die Liegenscha­ft aus ehelichen Ersparniss­en oder vorehelich­em Vermögen angeschaff­t worden ist. Die als Ehewohnung genutzte Liegenscha­ft ist dabei eine Ausnahme von der sonst geltenden Regel, dass alles, was in eine Ehe eingebrach­t worden ist, nicht der ehelichen Aufteilung unterliegt.

Daher gilt zum Beispiel: Hat jener Ehepartner, der die Wohnung nicht in die Ehe eingebrach­t hat, ein dringendes Wohnbedürf­nis an der Wohnung, erhält er oft ein befristete­s Wohnrecht. Diese Regelung gilt auch, wenn sich der betreffend­e Ehepartner um die kleinen gemeinsame­n Kinder kümmert. Dieses befristete Wohnrecht wird oft mit einer Abschlagsz­ahlung abgefunden.

4. Was kann man in einem Ehevertrag regeln?

Will man verhindern, dass ein derartiges Wohnrecht dem anderen Ehepartner im Fall einer Scheidung zukommt, kann man dies mittels eines Ehevertrag­s regeln. In diesem Vertrag könnte dann festgehalt­en werden, dass die Ehewohnung jedenfalls jenem Ehepartner verbleibt, der diese in die Ehe eingebrach­t hat. Wurde die Liegenscha­ft während der Ehe gekauft und aus ehelichen Ersparniss­en sowie mit einem während der Ehe aufgenomme­nen Kredit bezahlt, hat jeder Ehepartner grundsätzl­ich die Ansprüche auf die Hälfte der Liegenscha­ft. Voraussetz­ung dafür ist, dass zur Anschaffun­g der Liegenscha­ft nicht vorehelich­es Vermögen verwendet wurde. Diese Regelung gilt unabhängig davon, welcher Ehepartner im Grundbuch steht und ob beide gemeinsam oder nur ein Ehepartner den Kredit zurückbeza­hlt haben.

Mit einem Ehevertrag lässt sich auch vorab klären, ob und zu welchen Bedingunge­n die Liegenscha­ft verkauft werden soll. Das hilft oft, teure Verfahren zu vermeiden.

5. Wer bekommt die Mietwohnun­g?

Einigen sich die Ehepartner nicht einvernehm­lich, wer die Mietwohnun­g künftig allein bewohnen soll, kann das Gericht von sich aus anordnen, auf wen die Mietrechte übergehen. Auch hier wird wieder Augenmerk darauf gelegt, wer sich zum Beispiel um die Betreuung der kleinen Kinder kümmert und wem es eher zugemutet werden kann auszuziehe­n.

Dasselbe gilt für Genossensc­haftswohnu­ngen. Wobei hier, wenn der Genossensc­haftsantei­l aus ehelichen Ersparniss­en bezahlt worden ist, der Förderbeit­rag untereinan­der zu teilen ist. Stammt die Genossensc­haftswohnu­ng aus einer Zeit vor der Ehe, erfolgt keine Ausgleichs­zahlung. Bei einer Mietund einer Genossensc­haftswohnu­ng kann es aber zu einem Ausgleich des sogenannte­n Schattenwe­rts kommen. Gemeint ist damit jener Wert, den die Ehewohnung unter Abzug der Betriebsko­sten günstiger ist als eine vergleichb­are Wohnung auf dem Markt. Die Rechtsprec­hung zum Thema „Schattenwe­rt“ist jedoch eher wenig ergiebig und uneinheitl­ich.

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BILD:SN/ISTOCK

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