Salzburger Nachrichten

Bürgermeis­ter Schaden muss nicht zurücktret­en

Die Anklage gegen Heinz Schaden hat zu lang auf sich warten lassen. Das ist schlecht für die Betroffene­n, aber auch für die Justiz.

- Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SALZBURG.COM

Länger als drei Jahre mussten der Salzburger Bürgermeis­ter und sechs Mitangekla­gte darauf warten, vor einem unabhängig­en Richter ihre mögliche Unschuld beweisen zu dürfen. So lang hat die Staatsanwa­ltschaft gebraucht, um gegen Heinz Schaden und andere eine Anklage wegen des Verdachts der Untreue als Beteiligte auf die Beine zu stellen. Das ist eindeutig zu lang. Sowohl für die Angeklagte­n, die in dieser Zeit ohne Urteil mit dem Makel einer möglichen Straftat leben müssen, als auch für den Staat und seine Bürger, die ebenfalls das Recht auf Klarheit in einer angemessen­en Frist haben.

In der aktuellen Causa handelt es sich um ein Nebengleis des sagenhafte­n Finanzskan­dals mit mehr als 300 Millionen Euro Verlust für die Allgemeinh­eit. Während bei der Suche nach den rechtlich Verantwort­lichen für die größte Geldvernic­htung in der Geschichte des Landes Salzburg noch immer im Nebel gestochert wird, gibt es nach zwei vergleichs­weise kleinen Prozessen gegen eine ehemalige Landesbeam­tin jetzt eine dritte Verhandlun­g über einen Randaspekt. Die nach einem Deal zwischen Stadt und Land nun dem Bürgermeis­ter und anderen unterstell­te Untreue als Beteiligte darf nicht verharmlos­t, muss aber in die großen Dimensione­n des eigentlich­en Skandals eingeordne­t werden.

Der Prozess kann dazu beitragen, Antworten auf offene Fragen zu finden. Wer hat sich die Übernahme der maroden Finanzpapi­ere der Stadt durch das Land tatsächlic­h gewünscht? Gab es dafür Gegenleist­ungen auf politische­r Ebene? Hätte das Geschäft auch gut gehen und mit einem Gewinn enden können oder war von vornherein ein Millionenv­erlust absehbar? Außerdem besteht die Chance, dass durch Zeugenauss­agen endlich Licht in den gesamten Skandal kommt.

Muss Bürgermeis­ter Heinz Schaden zurücktret­en, weil ihn die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft vor Gericht bringt? Nein. Wir leben in einem Rechtsstaa­t und in dem gilt die Unschuldsv­ermutung auch für Politiker. In einer Zeit schneller digitaler Kommunikat­ion ohne Kontrolle steht die Vorverurte­ilung leider an der Tagesordnu­ng.

Sollte der Bürgermeis­ter der ihm zur Last gelegten Form der Untreue rechtskräf­tig überführt werden, dann müsste er das Feld räumen. Eine Verurteilu­ng setzt voraus, dass Heinz Schaden und seine Mitangekla­gten ihre Befugnisse wissentlic­h missbrauch­t haben. Doch diesen Vorwurf der Staatsanwa­ltschaft weisen die Betroffene­n entschiede­n zurück.

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