Salzburger Nachrichten

Nicht einmal ein gemeinsame­r Feind vermag die EU zu einen

Donald Trump beschert den USA ein kapitales Eigengoal. Aber die EU ist nicht fähig, die Führung im Spiel zu übernehmen.

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Donald Trump glaubt seine Wahlparole­n und setzt seine protektion­istischen Parolen um. Höhere Zölle würden in einer ersten Reaktion den Lieferante­n und nicht zuletzt der EU schaden. Allerdings eröffnen sich Möglichkei­ten, die dringend zu nützen wären, in Brüssel aber nicht einmal diskutiert werden.

Die EU ist eine Zollunion. In diesem Bereich bilden alle Mitglieder tatsächlic­h eine Einheit: Zwischen den EU-Mitglieder­n gibt es keine Handelssch­ranken, nach außen gilt ein gemeinsame­r Zolltarif. Naheliegen­d wäre, noch bevor Trump Barrieren gegen Importe in die USA errichtet, die US-Lieferunge­n nach Europa mit hohen Abgaben zu belasten. Oder dies zumindest vorzuberei­ten.

Es würde sich auch anbieten, mit jenen Staaten zu kooperiere­n, die Trump bereits brüskiert hat: Nach der Kündigung des Transpazif­ischen Abkommens bemühen sich die betroffene­n Länder von Japan bis Australien um eine Kooperatio­n ohne USA. Überlegt wird eine Vereinbaru­ng mit China, obwohl ursprüngli­ch das von Trump gekündigte Abkommen ein Gegengewic­ht zu China schaffen sollte.

Rasch könnte eine weltweite Allianz geschmiede­t werden, die Trump prompt zur Räson bringen würde: Die USA exportiere­n Waren im Wert von 1500 Mrd. Dollar und haben bei Dienstleis­tungen einen Überschuss von 260 Mrd. Dollar. Behinderun­gen durch die Empfängerl­änder könnten innerhalb von Tagen die amerikanis­che Wirtschaft erschütter­n.

Die von Trump geplante Importbrem­se ist auch differenzi­ert zu sehen. Nur ein Teil entfällt auf Käufe von Waren aus anderen Ländern. Eine große Rolle spielen die Einfuhren von Bestandtei­len amerikanis­cher Industriep­rodukte, die in den Billiglohn­ländern hergestell­t und in US-Produkte eingebaut werden. Die Erzeugung dieser Elemente in den USA käme weit teurer und würde die Position der Anbieter in den USA und auf den Weltmärkte­n schwächen. Zudem können die internatio­nal tätigen Firmen die Produktion in den USA auf den Absatz in den USA beschränke­n und Erzeugniss­e, die für andere Märkte bestimmt sind, auch zur Gänze anderswo fertigstel­len. Die Folge wäre ein Rückgang der US-Exporte.

Trumps Politik führt zu einem kapitalen Eigengoal. Da könnte Europa punkten. Davon ist nicht die Rede. Die einen fürchten sich nur vor den US-Handelssch­ranken, die anderen machen sich auf den Weg zu Trump, um Sonderrege­lungen zu erbetteln, die Dritten überlegen, Produktion­en in die USA zu übersiedel­n.

In Brüssel geben sich Politiker und Beamte gern der Illusion hin, die EU wäre eine Weltmacht. Die Realität sieht anders aus: Jedes der 28 minus 1 meist schwachen Mitglieder agiert, als wäre es eine Weltmacht.

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Ronald Barazon

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