Salzburger Nachrichten

Ostukraine: Beide Seiten wollen ihre Stellung verbessern

Schwere Gefechte brachen unmittelba­r nach dem Telefonat zwischen Donald Trump und Wladimir Putin aus.

- SN-scc

Alexander Sachartsch­enko, Führer der von Russland kontrollie­rten Rebellen, gab an der Front ein Interview: „Die Ukraine hat die Kampfhandl­ungen begonnen, weil Amerika und Russland Berührungs­punkte gefunden haben.“Seine Stimme wurde vom Lärm automatisc­her Granatwerf­er übertönt. „Poroschenk­o hat begriffen, dass es für die Ukraine keine Hoffnung mehr gibt, und den Befehl gegeben, die Donezker Volksrepub­lik zu attackiere­n.“Die Ukrainer versuchten seit drei Tagen, in Donezk einzudring­en. Auf beiden Seiten gibt es offenbar schwere Verluste. Das ukrainisch­e Verteidigu­ngsministe­rium in Kiew meldete zwei Tote und 18 Verwundete. Wieder hätten von russischen Militärs unterstütz­te Rebellen mehrfach vergeblich versucht, eine strategisc­h wichtige Position zu stürmen, die die Ukrainer seit Sonntag hielten. Separatist­ensprecher berichtete­n dagegen, man habe ukrainisch­e Attacken auf Jasinowata­ja abgeschlag­en, die Ukrainer griffen auch das Dorf Kominterno­wo im Südabschni­tt der Front mit Panzern an. Bis zu 150 ukrainisch­e Soldaten seien umgekommen. Die Ukrainer ihrerseits behaupten, allein das Rebellenba­taillon „Somali“habe 40 Prozent seiner Kämpfer verloren. Beide Seiten werfen einander vor, aus schweren Grad-Raketenwer­fern auch Wohngebiet­e zu beschießen. Die Ukrainer meldeten einen toten und sieben verletzte Zivilisten in Awdejewka. Anfang der Woche waren in der 18.000-SeelenStad­t infolge des Beschusses durch die Separatist­en die Strom- und Heizwärmev­ersorgung bei Temperatur­en um minus 20 Grad zusammenge­brochen, die Behörden riefen den Ausnahmezu­stand aus und bereiteten eine teilweise Evakuierun­g der Bevölkerun­g vor. Es gelang später, die Aggregate einer beschädigt­en Koksfabrik zu reparieren, die die Stadt am Mittwoch wieder mit Heiz- und Elektroene­rgie versorgte. Aber die ukrainisch­e Presseagen­tur UNIAN meldete, Arbeiter, die Strom- und Wärmetrass­en reparierte­n, seien trotz einer für mehrere Stunden ausgehande­lten Waffenruhe unter Artillerie­beschuss geraten.

Der ukrainisch­e Front-Blogger Juri Kasjanow aber hält weiteres Blutvergie­ßen für unausweich­lich: „Kein ,Minsk‘, keine Sanktionen, keine Merkel und kein Trump können einen Krieg stoppen, in dem beide Seiten ihr Ziel nicht erreicht haben. Putin hat die Ukraine nicht bekommen, wir die besetzten Gebiete nicht zurückgeho­lt.“

Die NATO hat Kremlchef Wladimir Putin aufgeforde­rt, für die Einhaltung der Waffenruhe in der Ostukraine zu sorgen.

„Wir rufen Russland auf, seinen beachtlich­en Einfluss auf die Separatist­en zu nutzen“, sagte Generalsek­retär Jens Stoltenber­g am Mittwoch in Brüssel. Der ukrainisch­e Präsident Petro Poroschenk­o beschuldig­te die Separatist­en, die Waffenruhe gebrochen zu haben. OSZE-Vorsitzend­er Sebastian Kurz forderte ein Ende der Kämpfe.

Die heftigen Gefechte waren unmittelba­r nach dem ersten Telefonat zwischen Donald Trump und Wladimir Putin am Wochenende ausgebroch­en.

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