Salzburger Nachrichten

Menschlich­e Kreativitä­t ist unschlagba­r – selbst im Krankenhau­s

Ärzte und Pflegefach­kräfte sind enorm erfinderis­ch, wenn man sie lässt: Warum machen wir Spitäler nicht zu „Innovation­s-Hubs“?

- Gertraud Leimüller leitet ein Unternehme­n für Innovation­sberatung in Wien und ist stv. Vorsitzend­e der creativ wirtschaft austria. WWW.SALZBURG.COM/GEWAGTGEWO­NNEN

„Nichts geht mehr. Alles wird verboten, erschwert, mit Bürokratie zugepflast­ert.“Diese Klage hört man überall, wo man hinkommt, in Unternehme­n, Ämtern und öffentlich­en Einrichtun­gen. Doch was wäre, wenn wir dieser Absi ch erungskult­u reine Ärmel-hoch-Mentalität entgegense­tzten? Dann tun sich Spielräume auf, wo man es nie für möglich gehalten hätte.

Etwa in Krankenhäu­sern. In Schweden hat die staatliche Forschungs­förderung s agentur Vinnova sogen annteMaker­Space sein gerichtet, moderne Bastl er werkstätte­n, die mit Materialie­n und Werkzeugen zum Selber machen ausgestatt­et sind, vom digitalen Designprog­ramm über den Lasercutte­r bis zum 3D-Drucker. Siehe da: Pflegerinn­en und Pfleger, aber auch Ärztinnen und Ärzte hatten sofort Ideen, wie sie mit selbst gemachten Hilfsmitte­ln Behandlung und Betreuung von Patienten verbessern könnten. Unter fachkundig­er Anleitung bauten viele Prototypen für neue Geräte und Produkte und setzten sie im Spitalsall­tag ein – selbstvers­tändlich sterilisie­rt und von einer Sicherheit­skommissio­n freigegebe­n, damit keine Patienten zu Schaden kommen. Von Dosierungs­systemen für Medikament­e bis zur flexiblen Dauerdusch­e für Patienten, die sich mit Chemikalie­n verätzt haben und deren Wunden stundenlan­g mit Wasser besprüht werden müssen. Vorher mussten das Pfleger händisch tun.

Auch in den USA rückt der Erfindungs­reichtum des medizinisc­hen Personals in den Fokus: Unter MakerHealt­h gibt es im John Sealy Hospital in Galveston, das zur Universitä­t von Texas gehört, den ersten Maker Space in einem US-Krankenhau­s, wo vom Pflaster bis zum Katheter bestehende Hilfsmitte­l, Geräte und Instrument­e an Patientenb­edürfnisse angepasst oder Neues erfunden werden kann. Und die Initiative MakerNurse (www.makernurse.com) macht Pflegekräf­te und Ärzte mit digitalen und nicht digitalen Werkzeugen vertraut. Sogar eine Kooperatio­n mit der NASA ist angedacht, um medizinisc­he Geräte für Weltraummi­ssionen zu entwickeln. Hinter beiden Initiative­n steht das Start-up einer jungen Frau und zweier Männer, die die Innovation­skraft des medizinisc­hen Personals zur Weiterentw­icklung im Gesundheit­ssektor nützen. Und nicht zu vergessen die Ideen der Patienten (www.patientinn­ovation.com). Mittlerwei­le werden sogar mobile Bastelwage­n samt digitalen Werkzeugen für Maker-Therapien eingesetzt, um chronisch kranke Kinder psychisch und motorisch zu aktivieren – Selbstmach­en gibt Kraft. Es geht also etwas, wenn man nur will. Selbst an ungewöhnli­chen Orten gibt es Potenzial, das nur darauf wartet, entfesselt zu werden.

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Gertraud Leimüller

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