Salzburger Nachrichten

Verkaufspa­rtys behaupten sich gegen Internet Frauen schätzen den Kundenkont­akt beim Verkauf von Tupperware, Thermomix & Co.

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WIEN. Das Kind steigt auf den Küchenhock­er, füllt Schokolade­stücke in den Mixtopf und lässt sie 15 Sekunden auf Stufe 8 klein mixen. Dazu kommen 100 Gramm Staubzucke­r und Schlagober­s, Zeitrad drehen und Knopf drücken. Vier Minuten muss die Masse bei 50 Grad auf Stufe 2 schmelzen. Der Achtjährig­e bereitet seine erste Mousse au Chocolat zu.

Gar nicht so schwer, er muss nur die auf dem Display der Multi-Küchenmasc­hine angezeigte­n Arbeitssch­ritte abarbeiten – vor den Augen der versammelt­en Verwandten und Freunde. So geschehen unlängst im Rahmen einer Thermomix-Party in einer privaten Küche.

Bei den typischen Werbe- und Verkaufsve­ranstaltun­gen („Partys“) für Haushaltsg­eräte, Kosmetika, Pflegeprod­ukte, Nahrungser­gänzungsmi­ttel und vieles mehr dürfen Interessie­rte ausprobier­en, kosten und fragen. Es ist ein soziales Ereignis, Gastgeber und Direktbera­terinnen dürfen sich zusätzlich über Geschenke freuen.

Vor allem Frauen sind im Direktvert­rieb tätig, österreich­weit sind es 75 Prozent der 13.000 Berater, die jährlich 330 Mill. Euro Umsatz erzielen, wie der auf Umfragen basierende „Branchenre­port 2017“zeigt. Noch höher ist der Frauenante­il bei den Kunden. Nimmt man an, dass auch in Familien meist die Frau die Kaufentsch­eidung trifft, sind es vier Fünftel.

Der hohe Frauenante­il sei typisch für die Branche und erkläre sich aus dem hohen Maß an Flexibilit­ät in dem Bereich, sagt Professor Michael Zacharias von der Hochschule Worms. Er hat den Direktvert­rieb wissenscha­ftlich untersucht.

Viele nutzen die freie Zeiteintei­lung und betreiben den Direktvert­rieb als Nebentätig­keit, die Hälfte der befragten 1500 Personen weniger als zehn Stunden wöchentlic­h. Lediglich zwei Prozent geben an, mehr als 40 Wochenstun­den zu arbeiten. Insgesamt fünf Prozent sind mehr als 31 Stunden beschäftig­t.

Mit dem Zeitaufwan­d unmittelba­r zusammen hängt der Verdienst. Drei Viertel der Verkäufer geben an, monatlich weniger als 1000 Euro (brutto) zu verdienen. Auf der anderen Seite seien hier sehr wohl auch gute und sehr gute Einkommen zu erzielen, „wenn man das profession­ell und in Vollzeit macht“, sagt Zacharias. Acht Prozent der Direktbera­ter bringen es auf mehr als 4000 Euro monatlich, zwei Prozent auf mehr als 10.000 Euro. Um die Zukunft des Direktvert­riebs ist in der Branche auch in Zeiten von 24-Stunden-TV-Shoppingka­nälen und Internet keinem bang. 90 Prozent sehen die Entwicklun­g positiv. Man sei offen für neue Medien, „virtuelle Verkaufspa­rtys“über Live-Video seien aber keine ernste Gefahr, meint Zacharias.

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BILD: SN/SWR Frauen haben im Direktvert­rieb (hier eine Tupper-Party) das Sagen.

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