Der Weg aus der Sucht fängt mit der Einsicht an
Wer der Droge Alkohol verfallen ist, benötigt professionelle Hilfe, um davon wegzukommen. Eine wirksame Nachsorge geht über viele Jahre.
Alkohol war immer mit besonderen Anlässen vergesellschaftet. Griechen und Römer hatten sogar Götter für den Alkohol. Bei Naturvölkern war und ist es bis heute üblich, besondere Anlässe und religiöse Feste mit Alkohol zu feiern. Auch bei uns werden alkoholische Getränke besonderer Güte zu außergewöhnlichen Anlässen wie etwa einem Geburtstag geschenkt.
1. Alkohol ist zum alltäglichen Begleiter geworden
Insgesamt hat sich die Situation in der heutigen Konsumgesellschaft aber entscheidend verändert. In einer Zeit, in welcher wir uns vieles früher Unerreichbare leisten können, wurde der Alkohol vom besonderen Anlass zu einem alltäglichen Begleiter. Ob man Bier trinkt, weil die Arbeit Energie gekostet hat und Bier das natürlichste Elektrolytgetränk ist, ob man am Samstag „auf Tour“geht und sich bis zur Besinnungslosigkeit besäuft – all das sind Auswüchse, die mit der Wirkung des Alkohols zusammenhängen.
Nicht zuletzt hat Alkohol auch noch einen besonderen Effekt: Er beruhigt und hilft beim Einschlafen. Es ist einfacher, sich im Lebensmittelgeschäft um die Ecke sein Schlaf- und Beruhigungsmittel zu holen, als zuerst seinem Arzt die Geschichte zu erzählen und sich dann Tabletten zu besorgen.
2. Alkoholkonsum ist nie ganz ohne Risiko
Einen völlig risikofreien Alkoholkonsum gibt es nicht. Dies ist vergleichbar mit der Einnahme eines Medikaments. Das Arzneimittel entfaltet an verschiedenen Stellen im biochemischen Räderwerk des Körpers seine Wirkungen und hat dabei neben der beabsichtigten Hauptwirkung auch mehr oder weniger schädliche Nebenwirkungen. Ebenso greift der „Wirkstoff“Alkohol auf unterschiedliche Art und Weise in den Organismus ein.
Das Glas Wein beim Karten nachmittag oder fallweise ein V er dauungsschnapsn ach Mittag bedeutet noch keine Suchtgefahr. Gefährlich wird es erst, wenn die Menge steigt und der Konsum nicht mehr eingeschränkt werden kann – mit allen Folgen von Abhängigkeits erscheinungen. Seine nachhaltig schädliche Wirkung entfaltet Alkohol, wenn er zum Problemlöser in schwierigen Lebens situationen wird. Spätestens wenn der Alkohol das Leben mehr und mehr bestimmt – und nicht der Mensch selbst –, sind die Trink gewohnheiten zu hinterfragen. Die Suchen ach den Ursachen ist dann dringend.
3. Alkohol im Alter wird noch völlig unterschätzt
Auch wenn in der Öffentlichkeit darüber kaum diskutiert wird, liegt der schädliche Alkoholkonsum bei Patienten mit über 60 Jahren im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ungefähr doppelt so hoch. Ähnlich verhält es sich bei Medikamenten, die ein Suchtpotenzial aufweisen.
Die Einnahme von Substanzen wird oft als einzige Möglichkeit gesehen, um Einschlafstörungen oder Schmerzzustände zu unterdrücken. Leider schaukelt sich das System von allein immer mehr hoch und irgendwann kommt der Moment, an dem der Patient zum Beispiel einen Sturz wegen zu eines zu hohen Alkoholkonsums erleidet. Bei der Aufnahme ins Krankenhaus wird oft eine Suchtproblematik festgestellt.
Aus neuesten Studien wissen wir, dass Frauen eher zu Medikamenten greifen, Männer eher zu Alkohol. Dies mag damit zusammenhängen, dass in den typischen Männerberufen seit jeher Alkohol dazugehört.
4. Weg aus der Sucht gelingt nur mit fachlicher Hilfe
Allein 22.000 Salzburger sind alkoholkrank. In ganz Österreich brauchen 300.000 Frauen und Männer dringend Hilfe, weil sie alkoholsüchtig sind. Weitere 700.000 zeigen einen zumindest schädlichen Alkoholkonsum.
Wer der Droge Alkohol verfallen ist, benötigt professionelle Unterstützung, um aus der Sucht herauszukommen. Das erste Thema bei einer Alkoholerkrankung ist prinzipiell die Krankheitseinsicht des Patienten. Das ist nicht so einfach in unserer Gesellschaft, da der Alkohol eine willkommene und akzeptierte Substanz ist.
5. Erfolgreiche abstinente Alkoholiker sind in Gruppen
Wenn der Patient einsichtig ist, ist der erste Ansprechpartner der Hausarzt oder ein Facharzt für Psychiatrie. Dann wird in aller Regel eine Entgiftungsphase eingeleitet. Entgiften bedeutet, den Alkoholkranken mithilfe von Medikamenten so zu unterstützen, dass die Entzugsphase erträglich ist.
Der Patient ist nach der Entgiftung hoffentlich bereit, eine weitere längerfristige Therapie durchzuführen. In Österreich wird dies im Ausmaß von sechs bis zwölf Wochen finanziert. Das ist die Entwöhnungsphase, in der Menschen lernen, ohne Alkohol zu leben und mit dem Verlangen nach Alkohol umzugehen. Der Patient soll während der Therapie auch wieder Erfahrungen mit dem Alltag machen. Er muss allerdings akzeptieren, dass es sich um eine lebenslange Erkrankung handelt. Er muss sich damit auseinandersetzen, dass die Verlockung wiederkommt und dass die erfolgreichsten abstinenten Alkoholiker jene sind, die noch nach 15 bis 20 Jahren in Nachsorgegruppen gehen.