Wer wusste wann was? Kernfragen der Anklage
Es ist wieder eine Nebencausa des Finanzskandals, die demnächst vor Gericht verhandelt werden soll. Aber es ist eine mit Sprengkraft.
SALZBURG. Seit Mittwochmittag herrscht im Schloss Mirabell praktisch Ausnahmezustand. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien hat nach drei Jahren Ermittlungen im „Swap-Deal“zwischen Stadt und Land eine Anklage beim Landesgericht Salzburg eingebracht.
Sieben Personen werden in der Anklageschrift genannt. Es sind dies: SPÖ-Bürgermeister Heinz Schaden, der ehemalige SPÖ-Finanzlandesrat des Landes, Othmar Raus, Magistratsdirektor Martin Floss als ehemaliger Sekretär im Büro von Bgm. Schaden, Hofrat Eduard Paulus, der ehemalige Leiter der Finanzabteilung des Landes, der städtische Finanzdirektor Axel Maurer sowie die ehemalige Budgetreferatsleiterin des Landes, Monika Rathgeber, und ihr damaliger Mitarbeiter im Referat. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.
Den Vorhabensbericht zum „Swap-Deal“hatte die Korruptionsstaatsanwaltschaft mit November 2016 fertiggestellt. Seither hieß es: bitte warten. Weil es sich um eine heikle Causa handelte, wurde der Bericht nämlich dem Weisungsrat des Justizministeriums vorgelegt. Das dreiköpfige Gremium hat am 13. Jänner eine „Äußerung“abgegeben, und offenbar keine anders lautende Meinung bezüglich des Vorhabensberichts abgegeben.
Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic wirft den sieben Angeklagten eine Form der Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue vor. Der Strafrahmen: ein bis zehn Jahre Haft.
Konkret geht es wieder um einen Teilbereich des Salzburger Finanzskandals. Es ist der „SwapDeal“zwischen Stadt und Land Salzburg. Dabei geht es um die Übernahme von sechs Finanzgeschäften im Herbst 2007. Das Land Salzburg hatte die Papiere von der Stadt übernommen. Die Frage war nur, warum und wieso. Denn folgt man der Anklage, dann sollen die Geschäfte zum Zeitpunkt der Übertragung stark im Minus gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft spricht von einem finanziellen Schaden von 4,8 Millionen Euro. Etwas, das die Stadt mittels Gegengutachten stets bestritten hat.
Begonnen hat die Misere demnach 2005. Die Stadt hatte einen „Swap Fix Plus“abgeschlossen. Doch dieser soll mit 1,9 Millionen Euro ins Minus gerutscht sein. Der Swap wurde daraufhin „glattgestellt“– um den Verlust nicht zu realisieren, wurde ein Gegenswap abgeschlossen. Zwar wurde das laut Anklage dem Gemeinderat am 13. September 2006 zur Beschlussfassung vorgelegt, allerdings ohne zu erwähnen, dass das Minus von 1,9 Millionen Euro in den neuen Swap eingerechnet worden sei. Der Verlust soll sich später noch verdoppelt haben, heißt es in der Anklage.
Die Anklagebehörde hat bei drei Hausdurchsuchungen im Schloss Mirabell jedenfalls sehr viele E-Mails sichergestellt. Darin ist vom „Problemswap“die Rede. Mehrmals wurde demnach versucht, diesen umzustrukturieren. Banken hätten bei derartigen Sanierungsversuchen „arg in die Trickkiste greifen“müssen, schreibt etwa der Finanzdirektor
in einem Mail. 2007 gab es mehrere Besprechungen und auch einen Statusbericht dazu.
In einem Mail des damaligen Sekretärs Martin Floss an den Finanzdirektor der Stadt heißt es, dieser solle aufgrund der problematischen Derivate umgehend Kontakt mit Hofrat Paulus aufnehmen. Am Rande der Veranstaltung hätte der Bürgermeister die Gelegenheit gehabt, mit LHStv. Raus und Hofrat Paulus darüber zu sprechen. Die Staatsanwaltschaft geht daher davon aus, dass es zwischen den beiden SPÖ-Politikern eine mündliche Vereinbarung gegeben habe.
Die Übernahme der Derivatgeschäfte erfolgte am 11. September 2007. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft stützt sich auf ein Gutachten von Christian Imo. Demnach seien die Geschäfte mit 4,887 Millionen Euro im Minus gewesen. Gegenleistung vom Land gab es angeblich keine.
Doch wer hatte die Übernahme veranlasst? Und war allen der drohende finanzielle Schaden klar? Rathgeber betonte in ihrer Einvernahme, dass es der Wunsch der Stadt Salzburg gewesen sei, dass das Land das Portfolio übernehme. Auch hätten alle Beteiligten von den negativen Derivaten zum Zeitpunkt der Übertragung gewusst. Rathgebers Anwalt Herbert Hübel sagte am Mittwoch, seine Mandantin habe lediglich einen politischen Auftrag ausgeführt. „Wenn jemand einen Auftrag ausführt, kann er nicht dafür verantwortlich und schuldig sein“, sagt Hübel.
Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) war am Mittwoch ebenso wie Magistratsdirektor Martin Floss und Ex-Finanzlandesrat Othmar Raus (SPÖ) nicht erreichbar. In einzelnen Gemeinderatsfraktionen wurde aber bereits darüber beraten, wie es weitergehen könnte. Im Stadtrecht gibt es keine Bestimmung über einen automatischen Amtsverlust. Der Bürgermeister kann sich theoretisch beurlauben lassen, wenn er dies wünscht. Seine Vertretung wäre in diesem Fall ÖVP-Vizebürgermeister Harald Preuner. Eine Abberufung eines Bürgermeisters ist nur mit Zweidrittelmehrheit möglich. Möglich wäre die Einberufung einer Sondersitzung des Gemeinderates, die von einem Drittel der 40 Mitglieder des Gemeinderates beantragt werden kann.
Die Anklage der Wirtschaftsund Korruptionsstaatsanwaltschaft ist nicht rechtskräftig. Bis dato gilt sie noch nicht einmal als zugestellt, weshalb es auch noch keinen Termin für eine mögliche Verhandlung am Landesgericht gibt. Die Verteidigter der Angeklagten haben nun die Möglichkeit, einen Einspruch gegen die Anklage zu erheben.
„Mandantin hat nur Auftrag ausgeführt“