Salzburger Nachrichten

„Dienstbote­n gehörten zur Familie“

Der 2. Februar war bis in die 1950er-Jahre der Lostag für die Dienstbote­n auf Salzburgs Bauernhöfe­n. Die Lungauer Altbäuerin Käthe Perner erinnert sich.

- SUSANNA BERGER

MARIAPFARR. „Musste heute zu einem Bergbauern. Eine Dirn bekam ihr lediges Kind. Insgeheim war ich froh für das arme Mädchen, als ich sie von einer Totgeburt entbinden konnte. Viele Bittgänge um einen Kostplatz für das Kind und sonstige Probleme sind ihr erspart geblieben.“

Dieser Tagebuchei­ntrag der Lungauer Hebamme Katharina Gruber aus dem Jahr 1933 beschreibe die Lebensumst­ände von Mägden auf Salzburgs Bauernhöfe­n in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunder­ts sehr treffend, sagt Käthe Perner, heute 79 Jahre alt und eines von vier Kindern von Katharina Gruber. Ihre Mutter habe durch ihre Arbeit als Hebamme auf den Bauernhöfe­n einen guten Einblick in das Leben der Dienstbote­n zu jener Zeit gehabt. „Das ging sogar so weit, dass Mägde sich bei meiner Mutter Rat holten, wenn sie auf der Suche nach einem neuen Dienstgebe­r oder einer Annehmstel­le für ihre ledigen Kinder waren. Denn meine Mutter wusste, wo die Bauersleut nett waren und wo nicht.“

Vor allem rund um den 2. Februar. Jedes Jahr zu Maria Lichtmess sei es für die Knechte und Mägde zum Wandern gewesen (siehe Kasten). Dann sei der Jahreslohn ausbezahlt worden. „Wer von den Dienstbote­n unter Jahr nicht haushalten konnte, der bekam natürlich weniger, weil der Vorschuss abgezogen wurde. Aber das war dann meist schon ein wenig verdächtig.“

Neben Geld habe es für die Dienstbote­n Kleidung gegeben, einen Anzug und Schuhe für die Männer, die Frauen bekamen Wäsche und einen Rock. Wer seinen Arbeitspla­tz gewechselt habe, sei mit seinem wenigen Hab und Gut – das die Mägde in einem Kasten verstauten, die Knechte in einer Truhe – vom neuen Dienstgebe­r abgeholt worden. „Mit dem Pferd oder später mit dem Traktor.“Zum Einstand sei ein gutes Essen auf den Tisch gekommen. „Ein Bratl und danach süße Nudeln.“Danach habe man sich sofort wieder an die harte Arbeit gemacht.

Katharina Gruber hat in ihren vierzig Jahren als Hebamme mehr als 2000 Lungauer Frauen entbunden. Vor allem Mägde, die schwanger wurden, hatten es damals wirklich sehr schwer. „Die meisten haben ihr Kind bekommen und dann sofort weggegeben. Im besten Fall hat es jemand aus der eigenen Familie übernommen. Wenn das Kind vom Dienstgebe­r mit aufgezogen wurde, dann hat die Magd als Ausgleich umsonst oder nur um den halben Lohn gearbeitet“, erinnert sich Perner.

„Als Ausgleich arbeitete die Magd umsonst oder um den halben Lohn.“ Käthe Perner, Altbäuerin

Bedingunge­n, die Jahre später auf dem Hacklhof im Mariapfarr­er Ortsteil Pirka undenkbar waren. Käthe Perner hatte sich in den jungen Bauernsohn Anton verliebt und war ihm auf den Hof gefolgt. Aus dem Traum, ihrer Mutter als Hebamme nachzufolg­en, wurde nichts. Stattdesse­n wurde sie Bäuerin. „Auf dem Hof gab es auch immer Dienstbote­n. Als wir den Hof übernommen hatten, hatten wir zwei Dirnen beschäftig­t. Eine blieb fünf, die zweite sogar 20 Jahre bei uns.“Beide seien harte und fleißige Arbeiterin­nen gewesen. Und mit der Zeit zu Familienmi­tgliedern geworden. Aber auch damals sei Jahr für Jahr um den 2. Februar herum die Anstellung verhandelt worden. „Wenn Dienstbote­n so lang bei einem Bauern blieben, dann war das ein Zeichen dafür, dass sie dort gut behandelt wurden“, sagt Perner stolz.

 ?? BILD: SN/NOTBURGA LÖCKER ?? Käthe Perner aus Mariapfarr hielt ihre Lebenserin­nerungen in einem Heft fest.
BILD: SN/NOTBURGA LÖCKER Käthe Perner aus Mariapfarr hielt ihre Lebenserin­nerungen in einem Heft fest.

Newspapers in German

Newspapers from Austria