Salzburger Nachrichten

Minister widersetzt sich der Geheimnisk­rämerei

Thomas Drozda drängt darauf, die Informatio­nsfreiheit auch für Kulturbetr­iebe zu sichern.

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Für staatliche Kulturinst­itutionen könnte ein wenig Glasnost einsetzen, wenn Kulturmini­ster Thomas Drozda (SPÖ) umsetzt, was er im SN-Gespräch ankündigt. Die Reformen hin zu mehr Informatio­nsfreiheit für staatliche Stellen sollen auch Kulturbetr­iebe im Einflussbe­reich des Bundes betreffen.

Das heißt zum Beispiel: Sollten Abgeordnet­e des Nationalra­ts dies wünschen, müssten ihnen Künstleris­che wie Kaufmännis­che Direktoren im Ausschuss Rede und Antwort stehen, erläutert Thomas Drozda. Zudem sollten alle Tagesordnu­ngen und Protokolle von Aufsichtsr­atssitzung­en und Gesellscha­fterversam­mlungen oder diesen vergleichb­aren Gremien zumindest auf Anfrage herausgege­ben werden müssen. „Die Geheimnisk­rämerei halte ich für falsch und sie geht mir auf die Nerven.“Sein Anliegen sei eine „moderne, transparen­te Form“der Kommunikat­ion.

Der Anlass für diesen Vorstoß des Ministers sind die wieder aufgenomme­nen Verhandlun­gen über das Informatio­nsfreiheit­sgesetz, anders gesagt: über die Reform des Amtsgeheim­nisses, wie sie Anfang Februar im Verfassung­sausschuss des Nationalra­ts geführt worden sind. Zusätzlich zu diesem Bundesgese­tz sei auch vorgesehen, die Geschäftso­rdnung des Nationalra­ts anzupassen, sagt Thomas Drozda. „Ich hoffe, im ersten Quartal zu einem Abschluss zu kommen.“

Er legt also sein Augenmerk darauf, dass diese Neuerungen – hin zur Informatio­nspflicht und weg vom Amtsgeheim­nis – auch in Kulturbetr­ieben gelten werden, und zwar auch dann, wenn sie als Gesellscha­ften mit beschränkt­er Haftung organisier­t sind.

Und er bestätigt: Diese Neuerung treffe „konsequent­erweise“auch die Salzburger Festspiele. Ergo müssten auch für Sitzungen des Kuratorium­s der Salzburger Festspiele künftig Tagesordnu­ngen sowie „Konzeptalb­ums“geht sie der existenzie­ll ernsten Frage nach, ob die Harmonie der Musik unsere verworrene Welt vielleicht doch ein klein wenig besser machen könnte. Sie ruft Bekenntnis­se auf, wie es gelingen könnte, vom inneren zum äußeren Frieden zu finden. Musikalisc­h grundiert sie das Anliegen „In War & Peace“mit Arien von Händel und Purcell, Monteverdi, Jommelli und Leonardo Leo, eben verteilt auf „Kriegs“- und „Friedens“Szenen in der (barocken) Oper, die sich gleichwohl unweigerli­ch auch miteinande­r verbinden.

Auch hier sind ihre stimmlichs­tilistisch­en Möglichkei­ten schier unerschöpf­lich. Schöner und inniger lässt sich Händels berühmtest­e Arie, „Lascia ch’io pianga“, kaum singen, wechselvol­ler lassen sich die Seelenschw­ankungen etwa des Sesto aus „Giulio Cesare“kaum auf der Hörbühne darstellen wie durch die dramaturgi­sch so sinnfällig­e Dosierung des Vibrato, zaubrische­r die „Natur“nicht imaginiere­n wie in der „Vogelszene“der Almirena aus Händels „Rinaldo“. Klangsprac­hlich läuft auch das Orchester „Il pomo d’oro“unter Maxim Emelyanych­ev zu höchster Form auf. Und in allem bleibt Joyce DiDonato: eine hoheitsvol­le Erscheinun­g. Eine Königin. CD: Protokolle publik gemacht werden.

Bisher waren Probleme mit dem Zurückhalt­en von Dokumenten vor allem im Burgtheate­r-Skandal virulent geworden. Zores gab es erstmals wegen der von Ernst & Young um 550.000 Euro durchgefüh­rten Evaluierun­g aller Bundesthea­ter, von der Ministerin Claudia Schmied (SPÖ) 2011 nur harmlose Zusammenfa­ssungen publik machte, doch weitere Ergebnisse – wie hohe Kosten im Burgtheate­r – trotz mehrerer Anfragen zurückhiel­t.

Einen zweiten Krach gab es mit den Protokolle­n der Aufsichtsr­äte im Bundesthea­ter-Konzern. Obwohl nach dem mit der Entlassung der einstigen Kaufmännis­chen Direktorin Ende 2013 geplatzte Skandal samt Insolvenzg­efahr für das Burgtheate­r wiederholt danach gefragt worden war, von Journalist­en wie vom Kulturspre­cher der Grünen, Wolfgang Zinggl, und von der Vorsitzend­en des Kulturauss­chusses, Beate Meinl-Reisinger (Neos), blieben die Protokolle der Aufsichtsr­äte geheim. So wurden Verantwort­lichkeiten für das Finanzdesa­ster im staatliche­n Bühnenkonz­ern, der zu 100 Prozent dem Bund gehört, verschleie­rt. Auf parlamenta­rische Anfragen Wolfgang Zinggls beschied der damalige Kulturmini­ster Josef Ostermayer (SPÖ): Das Interpella­tionsrecht gelte nicht für die Tätigkeit der Organe einer Holding-Tochter. Ergo lauteten die Antworten: „Die gegenständ­lichen Fragen (. . .) sind daher grundsätzl­ich nicht vom Interpella­tionsrecht umfasst.“Allerdings versichert nun Thomas Drozda: Seine jetzige Initiative erfolge „unabhängig von jeder historisch­en Fehde“, wie Burgtheate­rund Bundesthea­ter-Skandal.

„Das gilt auch für Salzburger Festspiele.“

 ?? BILD: SN/BAYERISCHE STAATSOPER/WILFRIED HÖSL ?? Joyce DiDonato singt in München die Titelparti­e in der Oper „Semiramide“. Oper: „Semiramide“, Bayerische Staatsoper München. Livestream: 26. 2., 17 Uhr, www.staatsoper.de/tv
„In War & Peace“. Harmony through Music. Erato/Warner Classics, 2017.
BILD: SN/BAYERISCHE STAATSOPER/WILFRIED HÖSL Joyce DiDonato singt in München die Titelparti­e in der Oper „Semiramide“. Oper: „Semiramide“, Bayerische Staatsoper München. Livestream: 26. 2., 17 Uhr, www.staatsoper.de/tv „In War & Peace“. Harmony through Music. Erato/Warner Classics, 2017.
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Thomas Drozda, Kulturmini­ster

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