Salzburger Nachrichten

Was in Erinnerung bleibt

Zwei Wochen lang bildete St. Moritz eine großartige Bühne für die Ski-WM. Die SN-Redakteure Michael Smejkal und Christian Mortsch ziehen ihre persönlich­e Schlussbil­anz.

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Es war in vielerlei Hinsicht ein Ausflug in eine andere Welt: Die Ski-WM in St. Moritz bot andere Bilder und Begegnunge­n. Was in Erinnerung bleibt. Die Schweizer: Die Fans haben das Gesicht der WM geprägt: Immer freundlich und gut gelaunt waren die Skifans in der Schweiz, die – man höre und staune – auch die Österreich­er angefeuert haben. Chauvinist­ische Ausfälle gab es keine, und auch die Exoten wurden im Ziel stürmisch gefeiert. Beeindruck­end: wie am Tag der Herrenabfa­hrt 20.000 Besucher knapp eine Stunde vom Ort in einer schier endlosen Karawane auf den Berg marschiert sind – in Österreich undenkbar. Die Lokalmatad­ore dankten es trotz des verletzung­sbedingten Ausfalls von Topstar Lara Gut mit sieben Medaillen, davon drei in Gold. Die erfolgreic­hste WM seit 28 Jahren. Die Preise: Klar, wer für gewöhnlich nach St. Moritz fährt, muss nicht mit dem Urlaubsbud­get haushalten. Dennoch machten uns die Preise immer wieder sprachlos. Unsere Lieblingsf­rage: Was kosten Lasagne, grüner Salat und ein Mineralwas­ser zu Mittag in einer Skihütte? 38 plus 17 plus 6 macht 61 Franken oder 58 Euro. Anderersei­ts: durchaus stimmig, weil bei 60 Franken beginnen in St. Moritz die Hauptspeis­en in den Restaurant­s – Getränk und Gedeck exklusive. Nackte Haut: Mit ihrer Fotostreck­e im „Playboy“hat die deutsche Slalomfahr­erin Christina Geiger während St. Moritz für mächtig Aufregung gesorgt. Nicht allen hat es gefallen. „Im Photoshop schaue ich auch gut aus“, meinte DSV-Alpindirek­tor Wolfgang Maier. „Wenn es sportlich nicht reicht, muss man halt etwas anders machen“, sagte Maria Höfl-Riesch. Warum so stutenbiss­ig? Die Besten der Besten: Favoriten gab es viele, Favoritens­iege nicht viel weniger. Daher Hut ab vor Doppelwelt­meister Marcel Hirscher und Beat Feuz (Abfahrt) sowie Ilka Štuhec (Abfahrt), Tessa Worley (Riesentorl­auf) und Mikaela Shiffrin (Slalom), wie sie mit dieser Rolle umgegangen sind und ihrem GoldCoup entgegenfu­hren. Nur Henrik Kristoffer­sen und Alexis Pinturault erfüllten die Erwartunge­n nicht. Die Flugshow: „,Irgendwann passiert einmal etwas bei diesen Flugshows‘, hat Wolfgang Maier keine fünf Minuten vor dem Unfall zu mir gesagt“, meinte ein betroffen wirkender Marcel Hirscher nach dem Riesentorl­auf. Da hatten die Veranstalt­er und Zuseher alles Glück dieser Welt: Ein Militärflu­gzeug kappte das Trageband der TV-Seilkamera, die zum Glück mitten in den leeren Zielraum stürzte. Nicht auszudenke­n, was passiert wäre, wenn der Pilot über voll besetzten Tribünen die Kontrolle verloren hätte. Die ÖSV-Damen: Selten zuvor waren die Österreich­erinnen mit so einer kurzen Erfolgslis­te zu einer WM gereist. Erwarten durfte man gar keine Medaille, spekuliere­n mit einer von Michaela Kirchgasse­r in der Kombinatio­n. Zu ihrem Bronze gesellten sich noch Super-G-Gold von Nicole Schmidhofe­r und AbfahrtsSi­lber von Stephanie Venier, die ihre Außenseite­rrolle genossen und so ungeahnte Kräfte freisetzte­n. Hirschers Verbal-Offensive: Von „Blamage“und „peinlich“war in Onlinemedi­en die Rede, nachdem Österreich­s Superstar im Teambewerb gegen einen Belgier das Nachsehen hatte. Dass dieser„No-Name“die zweitbeste Zeit fuhr, wurde unter den Tisch gekehrt, worauf sich Hirscher „peinlich enttäuscht“zeigte. Und zwar von Menschen, „deren größtes Problem es wahrschein­lich ist, die Kaffeemasc­hine in der Früh einzuschal­ten, die noch nie einen Schwung auf Ski gefahren sind“. Das zeige auch, wie viel Schein in dem Sport sei. Hirscher, wie man ihn bisher nicht kannte, hat recht. Und seine sportliche Antwort bedarf gar keiner Worte. Der Chef im Bademantel: Die unerwartet­en Medaillenf­eiern der Damen forderten ein neues Outfit für ÖSV-Präsident Peter Schröcksna­del. Schmidhofe­r und Kirchgasse­r übergossen ihren Chef literweise mit Champagner. Schröcksna­del feierte daraufhin im Udo-JürgensSti­l im weißen Bademantel weiter. Manuel Feller wiederum stylte sich gewollt anders und färbte seinen Bart als Vizeweltme­ister Silber. Schwere Stürze: Für Mirjam Puchner war die WM vorbei, bevor sie begonnen hatte. Die Salzburger­in zog sich bei einem schweren Sturz im Training einen Schien- und Wadenbeinb­ruch zu. Lara Gut, der programmie­rte Schweizer WM-Superstar, erlitt beim Einfahren für den Kombi-Slalom einen Kreuzbandr­iss. Die Gastgeber waren schockiert. Noch schlimmer erwischte es teils überforder­te Athleten aus der zweiten Reihe. Ein Kasache hatte Riesenglüc­k, dass er mit einem Halswirbel­bruch noch am Leben ist. Ein Monegasse erlitt bei einem bösen Sturz innere Blutungen. Das Bilderbuch­wetter: Abgesehen von der Malojaschl­ange, die just zur Abfahrt ihre Nebelschli­nge um die Corviglia zog, herrschte an den meisten Tagen Prachtwett­er. Temperatur­en zur Mittagszei­t um den Gefrierpun­kt machten die WM für die Zuschauer zu einem Skifest.

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BILD: SN/GEPA PICTURES Ausverkauf­te Stadien und grandiose Stimmung: Die Schweizer Fans freuten sich über die beste WM der Eidgenosse­n seit 28 Jahren.
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BILD: SN/GEPA Die Super-G-Goldene Nicole Schmidhofe­r lässt sich von ihrem steirische­n Landsmann Andreas Gabalier gratuliere­n.
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BILD: SN/MOR St. Moritz präsentier­te sich prächtig: Sonnensche­in und Luxus.

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