Salzburger Nachrichten

Was war da los in Schweden?

US-Präsident Trumps falsche Behauptung, in Schweden habe ein Terroransc­hlag stattgefun­den, wurde dort mit viel Humor gekontert. Und es wurden Fakten nachgereic­ht.

-

Die Irritation in Schweden war groß. USPräsiden­t Donald Trump hatte in einer Rede am Wochenende vor Tausenden seiner Anhänger in Florida einen Terroransc­hlag in Schweden am Vortag erfunden. „Schaut euch an, was letzte Nacht in Schweden passiert ist. Schweden! Wer würde das glauben! Schweden! Die haben sehr viele aufgenomme­n und haben nun Probleme, die sie nie für möglich gehalten haben“, rief Trump aufgewühlt ins Mikrofon.

Schwedens Botschaft in Washington forderte am Sonntag vom US-Außenminis­terium eine Erklärung, was der Präsident gemeint haben könnte. „Alle, die seine Äußerung gehört haben, fragen sich, worauf er abzielt“, sagte Erik Wirkensjö, Sprecher von Außenminis­terin Margot Wallström. Ein Sprecher des Weißen Hauses beantworte­te die schwedisch­e Anfrage damit, dass Trump in allgemeine­n Wortwendun­gen die erhöhte Kriminalit­ät und Ereignisse aus der nahen Vergangenh­eit gemeint habe, aber keine spezifisch­en Ereignisse. Der US-Präsident selbst antwortete etwas später über den Kurznachri­chtendiens­t Twitter: „Meine Äußerung dazu, was in Schweden passiert, bezog sich auf eine Sendung bei Fox-News über Immigrante­n und Schweden“, so der US-Präsident. Schweden akzeptiert dies als Antwort, meldete die Zeitung „Dagens Nyheter“am Montag.

„Dass das Weiße Haus sich dazu entschiede­n hat, breit zu antworten, betrachten wir auch als Antwort an uns“, so das Außenminis­terium in einer Stellungna­hme. Trump hatte sich auf ein Interview im Fox-Programm „Tucker Carson Tonight“mit dem Dokumentar­filmer Ami Horowitz bezogen. „Der Fox-Beitrag ist voll von Fehlern und Übertreibu­ngen“, kommentier­te die Zeitung „Aftonblade­t“.

Im Beitrag werden zunächst Reportagea­usschnitte aus Schweden gezeigt, in denen ein bekannter schwedisch­er Rechtsradi­kaler als vermeintli­cher Experte über die Lage in seinem Land Auskunft gibt. Horowitz behauptet dann, dass in Schweden die Kriminalit­ätsrate wegen der vielen Flüchtling­e dramatisch angestiege­n sei. „Es ist nicht lange her, dass der erste islamistis­che Terroransc­hlag im Land passierte“, so Horowitz. Damit bezieht er sich vermutlich auf einen Selbstmord­anschlag in Stockholm 2010.

Auch seine Aussage, dass mit den Flüchtling­en die Waffengewa­lt steigt und mehr Vergewalti­gungen stattfinde­n, stimmt nicht. Laut amtlicher Statistik hat sich die Rate für Verbrechen „gegen einzelne Personen“2015 im Vergleich zum Jahr 2005 nicht verändert. Die Anzahl angezeigte­r Vergewalti­gungen ist 2015 sogar um 12 Prozent auf 5920 Fälle gesunken, im Vergleich zu 2014.

Laut Thomas Wallberg, Chef einer nationalen Überwachun­gseinheit der Polizei, stehen Flüchtling­e mit einem Prozent nur für einen sehr geringen Anteil aller schwedisch­en Polizeiein­sätze. Diese Gruppe sei damit nicht überpropor­tional vertreten, so Wallberg. Die schwedisch­e Polizei kann das so genau sagen, weil sie Fälle, in die Flüchtling­e verwickelt sind, mit einem umstritten­en Code registrier­t. Dass in der Öffentlich­keit ein dramatisch­eres Bild existiert, habe damit zu tun, dass Medien Verbrechen mit Flüchtling­en überpropor­tional viel Aufmerksam­keit einräumen, meint Felipe Estrada, Kriminolog­ieprofesso­r in Stockholm.

Auch heißt es im Fox-Bericht, dass im letzten Jahr 160.000 Asylbewerb­er nach Schweden kamen. Es waren aber 30.000. 2015 gingen 163.000 Asylanträg­e ein. In dem Jahr hat Schweden relativ zur Bevölkerun­gsgröße von knapp 10 Millionen Menschen tatsächlic­h auch mit großem Abstand zu Deutschlan­d die meisten Anträge erhalten. Doch die Flüchtling­swelle resultiert­e nicht in mehr Verbrechen.

„Meine Aussage bezog sich auf Fox-News.“Donald Trump, US-Präsident

 ?? BILDER: SN/TWITTER#LASTNIGHTI­NSWEDEN ?? Auf Twitter überschlug­en sich findige Schweden damit, auf kreative Weise zu erklären, dass in jener Nacht nichts passiert ist in Schweden.
BILDER: SN/TWITTER#LASTNIGHTI­NSWEDEN Auf Twitter überschlug­en sich findige Schweden damit, auf kreative Weise zu erklären, dass in jener Nacht nichts passiert ist in Schweden.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria