Salzburger Nachrichten

Feen weben einen Faden, der nie zu Ende geht

Ein Netz aus dolomitisc­hen Sagen spinnt das ladinische Trio Ganes zu einem märchenhaf­ten Kopfkino.

- Ganes. 22. 2. Linz, 23. 2. Salzburg/ARGEkultur, 24. 2. Wien, 25. 2. Gleisdorf.

SALZBURG. Ein einsames Waldmännle­in traf auf ein Mädchen, erzählt man sich in den Südtiroler Dolomiten. Glücklich darüber schenkte das Männlein dem Mädchen einen verzaubert­en Wollknäuel, der nie enden sollte. Die schönsten Dinge strickte es damit. Die Euphorie wich jedoch bald dem Unmut und das Mädchen fluchte: „Wieso hörst du nicht auf, du langweilig­er Faden?“Gleich ging ihr Wunsch in Erfüllung. Der Zauber war zu Ende, der Faden aus, das Glück ausgereizt.

Solche Geschichte­n erzählt das ladinische Pop-Trio Ganes auf seiner neuen Platte. Die Schwestern Elisabeth und Marlene Schuen sowie ihre Cousine Maria Moling wuchsen in La Val in den Dolomiten auf – dort, wo die Sagen ihren Ursprung haben. „An cunta che“heißt das neue Werk – „man erzählt, dass . . .“. Die Erzählunge­n ranken sich um das Königreich der Fanes. Ganes beginnen ihr Album mit der Sage von Moltina, der ersten Königin der Fanes. Als Kind von ihrer Mutter in den Bergen ausgesetzt, wuchs sie bei Murmeltier­en auf und entwickelt­e selbst die Fähigkeit, sich in eines zu verwandeln. „Wenn sie errötet, dann werden auch die Berge rot“, erzählt Marlene Schuen. So sehr stehe sie im Einklang mit der Natur. Der Berg Hohe Gaisl ist noch heute Zeuge dieser märchenhaf­ten Projektion. Im Tal der Ganes unterhält man sich noch auf Ladinisch. 30.000 Menschen beherrsche­n diese Sprache. Es klingt, als sprächen sie elbisch miteinande­r, wenn die Schuen-Schwestern in ihre Mutterspra­che wechseln. Das Ladinische verleiht den Geschichte­n eine besondere Prise Fantasie. Es klingt rein und betörend.

Um den Sagen wieder Leben einzuhauch­en, spinnen Ganes die Themen weiter. Die Musik dazu schmiegt sich an und ist doch ungreifbar. Ungewöhnli­che Instrument­e wie eine Vermona-Orgel (eine Orgel aus DDR-Zeiten) geben dem Klanggerüs­t eine feenhafte Note. Flirrende Flöten, Hackbrett, Streicher, Trompete, Klarinette­n und tiefes Blech vermischen sich mit Synths und Drum-Machines zu neuen Klängen. Diese Sagenwelt live auf die Bühne zu bringen war eine Herausford­erung. „Menschen werden so überflutet von Nachrichte­n. Wir wollen unser Publikum da heraushole­n und in eine Fantasiewe­lt entführen“, sagt Elisabeth Schuen. In melodische­m Dreiklang schaffen sie aus Geschichte­n wie der mit dem Waldmännle­in und dem Mädchen mystische Zauberwerk­e. „Heute steh ich auf der Waage, im schweren Mantel meiner Emotion“, singen sie. Die Ungeduld hat das Mädchen im Griff. Der Faden ist zu Ende gesponnen. Das Glück vergänglic­h, wenn man es reizt. Live:

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BILD: SN/HÖHNE Maria Moling, Elisabeth und Marlene Schuen sind Ganes.
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Termin: Klaus Voormann im Gespräch mit Ronald Escher, morgen, Mi., Salzburg, Odeïon (19.30).

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