Salzburger Nachrichten

Wird Firtasch an die USA ausgeliefe­rt?

Ukrainisch­er Oligarch hinterlegt­e 125 Millionen Euro für seine Freiheit. Heute entscheide­t das Oberlandes­gericht über seine Zukunft.

- FRITZ PESSL

WIEN.

Seit knapp drei Jahren lebt Dmytro Firtasch in Österreich. Unfreiwill­ig. Denn der 51-Jährige hat nicht nur seine Familie, sondern auch den Großteil seines Industriei­mperiums in der Ukraine. In seine Heimat wagt er sich dennoch nicht zu reisen – er fürchtet, verhaftet zu werden.

Heute, Dienstag, wird das Oberlandes­gericht Wien (OLG) eine folgenschw­ere Entscheidu­ng über den Oligarchen fällen: Es geht um seine mögliche Auslieferu­ng an die USA. Die Behörden dort werfen Firtasch Korruption vor. Er wird verdächtig­t, vor zehn Jahren indische Beamte mit mehr als 18 Mill. Dollar bestochen zu haben, um Lizenzen für ein Titanminen­projekt zu erhalten.

Deshalb war Firtasch im März 2014 kurzfristi­g in Österreich in Auslieferu­ngshaft gekommen. Gegen Bezahlung einer Rekordkaut­ion von 125 Mill. Euro, für die ein befreundet­er russischer Geschäftsm­ann aufkam, wurde der Unternehme­r binnen Tagen wieder auf freien Fuß gesetzt. Das Landesgeri­cht Wien hat in erster Instanz das Auslieferu­ngsbegehre­n als „auch politisch motiviert“abgelehnt. Die Staatsanwa­ltschaft Wien hat dagegen Berufung eingelegt.

Sollte das Oberlandes­gericht zur selben Rechtsansi­cht gelangen wie die Erstinstan­z und eine Auslieferu­ng ablehnen, dann ist die Entscheidu­ng rechtskräf­tig und Firtasch erhält sofort seine Millionenk­aution zurück. Sollten die Richter allerdings eine Auslieferu­ng für zulässig erklären, so wird Dmytro Firtasch Österreich­s Spitzenpol­itiker noch länger beschäftig­en. „In diesem Fall wäre eine politische Entscheidu­ng durch den Justizmini­ster erforderli­ch“, sagt OLG-Senatspräs­ident Reinhard Hinger. Er erwartet lange und ausführlic­he Plädoyers der Verteidige­r vor dem Drei-Richter-Senat. Inhaltlich wollten sich die Anwälte von Firtasch im Vorfeld nicht äußern.

Aus dem Umfeld des Ukrainers ist zu hören, dass er dem Prozess sehr zuversicht­lich entgegenbl­icke. Der 51-Jährige will selbst im Gerichtssa­al anwesend sein.

Egal wie das Verfahren ausgeht, richtig frei wird sich Firtasch auch danach nicht fühlen. Seit November 2016 verlangt zusätzlich zu den USA ein spanischer Staatsanwa­lt seine Auslieferu­ng – wegen Geldwäsche und organisier­ter Kriminalit­ät. Dieses Ersuchen sei vor dem Oberlandes­gericht aber kein Thema, erklärte Hinger.

In deutschen Ermittlung­en zu einem Agentenfal­l wird Firtasch zwar nicht als Beschuldig­ter, aber als Zeuge geführt. In diesem Zusammenha­ng gab es im April 2016 eine Hausdurchs­uchung in dessen Villa in Wien-Hietzing. Und in seiner Heimat hat der Oligarch ebenfalls nicht nur Freunde. Der ukrainisch­e Innenminis­ter Arsen Awakow erhob wiederholt schwere Korruption­svorwürfe.

Dmytro Firtasch ist mit Gashandel reich geworden. Heute erwirtscha­ftet sein Konzern Group DF (Kunstdünge­r, Banken, Gas, Medien) mit 100.000 Bedienstet­en sechs Milliarden Dollar Jahresumsa­tz. Firtasch, der unter Präsident Wiktor Janukowits­ch über großen politische­n Einfluss in der Ukraine verfügte, wähnt sich als Opfer eines Konflikts zwischen Russland und den USA. Ob mit dem Verhältnis zu Russland unter Präsident Trump auch das Interesse der USA an einer Auslieferu­ng von Firtasch schwindet, bleibt abzuwarten.

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BILD: SN/APA Oligarch Dmytro Firtasch.

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